Die Top 5 der größten Stressoren in der Pflege
Wer jeden Tag mit pflegebedürftigen Menschen arbeitet, sieht viel Leid, Schmerz und Trauer. Der Tod von PatientInnen gehört für Pflegefachkräfte zum Alltag. Das heißt jedoch nicht, dass die AltenpflegerInnen oder KrankenpflegerInnen davon nicht berührt werden. Verlust, schlechte Nachrichten oder auch verzweifelte Angehörige können auf Dauer und je nach Situation sehr belastend für die Pflegekräfte sein und führen zu viel emotionalem Stress. Im schlimmsten Fall mündet das in einer sogenannten Compassion Fatigue, einer Mitleidsmüdigkeit.
Die Ausnahmesituation, in der sich PatientInnen und deren Angehörigen in der Regel befinden, kann zu aggressivem Verhalten gegenüber Pflegekräften führen. Das ist angesichts der Sorge um die eigene Gesundheit oder die eines geliebten Menschen zwar nachvollziehbar, doch für die Fachkräfte bedeutet es oft, die Angst, Verzweiflung und Verunsicherung der Menschen zu erleben. Auch das Gefühl vernachlässigt zu werden, lässt PatientInnen unzufrieden und dadurch unfreundlich oder sogar teils aggressiv werden. Zusätzlich kommt es im Pflegealltag und dem damit verbundenen Leistungsdruck häufig zu Konflikten mit KollegInnen oder mit Vorgesetzten. All das belastet.
Pflegekräfte setzen sich für das Wohl anderer ein. Doch die Anerkennung für diesen Einsatz erhalten sie nur selten. „Wir opfern unsere Wochenenden, wir sind an Feiertagen nicht bei unseren Familien, um andere Menschen zu pflegen. Dafür wünsche ich mir weder ein Dankeschön noch Geld für die Kaffeekasse, sondern Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung“, sagt Bianca Kohl, Intensivpflegerin bei doctari. Bei der Befragung der Arbeitnehmerkammer landet „mehr Wertschätzung“ auf Platz vier.
Pflegebedürftige benötigen rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, Hilfe. Deshalb arbeiten Gesundheitspfleger, Krankenschwestern und Alternpfleger im Schichtdienst, also auch nachts und am Wochenende. Damit haben sie andere Arbeitszeiten als die meisten, die sowohl das Sozialleben als auch das körperliche und seelische Befinden beeinträchtigen. Wer in Schichten arbeitet, kann sein Privatleben viel schwieriger planen und leidet mitunter auch an Schlafproblemen. Beides löst Stress aus.
iStock.com/Zhanna Danilova
Natürlich lässt sich Stress in der Pflege nicht komplett vermeiden, doch viele der Stressoren können reduziert und ein guter Umgang mit Stress kann erlernt werden.
Pflegekräfte sollten versuchen, gut auf sich selbst zu achten, denn nur Gesunde können sich gut um Kranke kümmern. Wichtig ist hierbei, achtsam zu sein. Das gilt im Beruf wie im Privatleben. Konzentration auf das Hier und Jetzt steht dabei im Mittelpunkt anstelle eines ständigen Grübels über all das, was noch zu tun ist. Genügend Schlaf, eine gesunde Ernährung und regelmäßige Entspannung helfen ebenfalls. Letzteres kann mit einem Spaziergang in der Natur gelingen, mit Yoga oder Meditation oder bei einer Verabredung mit schönen Gesprächen abseits der Arbeit.
Wer beruflich so viel psychischem Stress ausgeliefert ist wie Pflegekräfte, muss regelmäßig über das Erlebte sprechen. Viele Arbeitgeber bietet deshalb Supervision an, um mit psychologischen Fachkräften sprechen zu können. Wer diese Möglichkeit nicht hat, kann sich anonym an die kostenlose PSU-Helpline wenden, bei der speziell geschultes medizinisches Personal zuhört und Ratschläge gibt. Regelmäßige Gespräche mit KollegInnen können ebenfalls helfen und kleinere Konflikte können behoben werden.
Dauerhafter Stress in der Pflege macht krank. Das zeigt zum Beispiel eine Studie der AOK. Demnach haben Pflegekräfte doppelt so viele Krankheitstage wegen Burnout als der Durchschnitt. Grund genug, um über neue, alternative Arbeitsmodelle nachzudenken. Neben Teilzeit-Verträgen ist ein Wechsel in die Zeitarbeit Pflege eine Möglichkeit, den Stress in der Pflege zu reduzieren. Denn in der Zeitarbeit erhalten Pflegekräfte nicht nur mehr Wertschätzung, sondern haben auch mehr Mitsprache beim Dienstplan und somit auch mehr Einfluss auf die eigene Erholung.
Titelbild: iStock.com/Dean Mitchell
Sabine Stahl
Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.
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