Gesundheit und Körper

Körperliche Belastungen in der Pflege und wie man mit ihnen umgeht

Pflegekräfte schieben ein Krankenhausbett über einen Krankenhausflur.
Dominik Broßell | 9.6.2023 | Lesedauer: 7 Minuten

Pflegekräfte müssen in ihrem Berufsalltag mit vielen physischen Belastungen umgehen können. Welche Strategien es dafür gibt, erfahren Sie hier.

Schlafmangel, schmerzende Füße, Stress durch Überstunden und Extraschichten – das sind nur einige der vielen berufstypischen Belastungen in der Pflege. Für die Fachkräfte besteht die tägliche Herausforderung darin, mit diesen Belastungen umzugehen und Strategien für den Umgang mit ihnen zu entwickeln, um körperlich möglichst fit zu bleiben. 

Denn schließlich geht es beim Pflegeberuf um Menschenleben, und Fehler aufgrund von körperlicher Überlastung können diese gefährden. Aber auch krankheitsbedingte Ausfälle können den Betrieb in einer medizinischen Einrichtung erschweren, sodass die aktiven Pflegekräfte noch mehr belastet werden und Gefahr laufen, ebenfalls krank zu werden. Ein Teufelskreis, der das Gesundheitssystem in Deutschland vor ernsthafte Probleme stellt: Die Techniker Krankenkasse vermeldete für das Jahr 2022 durchschnittlich 30 Fehltage bei Pflegefachkräften – das sind 57 Prozent mehr als der Durchschnitt aller Berufsgruppen.

Daher ist es umso wichtiger, über die gesundheitlichen Belastungen in der Pflege aufzuklären und Umgangsstrategien aufzuzeigen – aber auch über alternative Arbeitsmodelle nachzudenken, bei denen bessere Arbeitsbedingungen viele der Belastungsfaktoren abschwächen. Viele Pflegekräfte wechseln zum Beispiel in die Zeitarbeit bzw. Arbeitnehmerüberlassung, um mehr Kontrolle über ihre Work-Life-Balance zu haben und damit Belastungen besser steuern zu können. 

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Körperliche Belastungen von Pflegekräften – ein Tabuthema?

Pflegekräfte „müssen funktionieren”, was häufig dazu führt, dass Belastungen als gegeben hingenommen werden, anstatt aktiv mit ihnen umzugehen. So laufen viele Pflegekräfte Gefahr, nicht frühzeitig auf entsprechende Warnsignale des Körpers zu reagieren, zu spät auf sich selbst zu achten und dabei zu zögern, Überbelastungen aktiv anzusprechen. Körperliche Überlastung und mentale Probleme stehen in einem direkten Zusammenhang.

Viele Belastungen von Pflegekräften lassen sich auf Schwächen des Gesundheitssystem zurückführen: 

  • Die flächendeckend schlechte Personalversorgung erhöht die Belastung jeder aktiven Pflegekraft.
  • Immer mehr PatientInnen pro Pflegekraft bedeuten immer höhere körperliche Belastungen und noch weniger Zeit für Pausen.
  • Die schlechte Work-Life-Balance macht es für Pflegekräfte schwer, in der Freizeit körperlich aktiv und gesundheitsfördernd zu sein.

Damit sich die Lage für die Pflegekräfte systematisch verbessert, muss das Thema der körperlichen Belastungen dringend mehr Aufmerksamkeit bekommen, damit PflegerInnen nicht selbst vermehrt zu PatientInnen werden. Andernfalls gibt es für einige Fachkräfte nur den Weg raus aus der Pflege und der Personalmangel mit den damit verbundenen Mehrbelastungen der aktiven PflegerInnen wird schlimmer.

Die drei häufigsten körperlichen Belastungen in der Pflege

Der Pflegealltag ist hart und hinterlässt Spuren am Körper einer Pflegekraft. Oftmals stehen Arbeitseinsätze und Ruhephasen nicht in der nötigen Balance, um fit zu bleiben. Körperliche Probleme wirken sich negativ auf das Wohlbefinden eines Menschen aus. Deswegen gehen körperliche Beschwerden oftmals mit mentalen Belastungen einher. Schlimmstenfalls droht bei Pflegekräften der Burnout.

Wir schauen genauer auf drei Beispiele für häufige physische Belastungen in der Pflege.

Schmerzende Füße in der Pflege

Den Großteil des Berufsalltags verbringen Pflegekräfte auf den Füßen. Mit der häufigste Grund für hartnäckige Fußschmerzen ist die Plantarfasziitis, auch als Fersensporn bekannt. Dabei handelt es sich um einen knöchernen Auswuchs an der unteren Seite des Fersenbeins, der jedes Mal beim Abrollen des Fußes die Sehnenplatte reizt und unangenehme Schmerzen verursacht. Mit einem Fersensporn ist nicht zu spaßen: Er begleitet einen wortwörtlich die ganze Schicht und macht sie häufig nur mit Schmerzmitteln zumutbar. Aber selbst wenn es nicht zum Fersensporn kommt, können Verspannungen in den Füßen und in den Beinen durch Überbelastung den Berufsalltag erschweren. 

Hinweis: Wir möchten auf dieser Seite nur allgemeine Gesundheitstipps geben. Leiden Sie unter den folgenden körperlichen Beschwerden, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

Fuß bei einer Behandlung

Was verursacht schmerzende Füße?

Gesunde Füße sind für den Pflegeberuf enorm wichtig, dabei müssen sie hohen Belastungen standhalten. Die begünstigenden Faktoren für Fußschmerzen sind breit gefächert und sind bei Pflegekräften durch die außergewöhnliche Belastung besonderen Risiken ausgesetzt:

  • Überlastung: Zu viel stehen und gehen, zu schnelle und große Schritte, zu wenige Ruhepausen, neben dem Beruf laufintensiver Sport wie Fußball
  • Nicht adäquate Schuhe: Zu schmale oder zu harte Schuhe, unpassende Schuhe mit zu viel “Spiel”, abgelaufene Schuhe, zu hohe Absätze
  • Körperliche Voraussetzungen: Alter, Übergewicht, unbalancierter Körper (einseitige Belastung), Fußfehlstellungen (Hohlfuß), Vorerkrankungen und frühere Verletzungen an Wadenmuskulatur oder Achillessehne

Was hilft gegen schmerzende Füße?

Man kann selbst einiges tun, um Fußschmerzen zu lindern oder diesen vorzubeugen:

  • Bequeme und passende Schuhe tragen, dabei auf ausreichende Polsterung achten.
  • Ausreichend Pausen im Sitzen oder Liegen einlegen. Das ist für Pflegekräfte besonders herausfordernd; hier muss jede Gelegenheit genutzt werden.
  • Orthopädische Schuheinlagen können in vielen Fällen dabei helfen, die Belastungen so zu verteilen, dass weniger Schmerzen entstehen. Diese werden von Ihrem Orthopäden verschrieben und individuell passend angefertigt.
  • Fußgymnastik und Dehnungsübungen können die Muskeln stärken, die Durchblutung verbessern und die Flexibilität erhöhen. Viele Übungen kann man selbst ohne Hilfe von Geräten Zuhause oder in der Arbeitspause machen.
  • Fußbäder, Fußmassagen und Eispackungen

Wie wichtig gesunde Füße für Pflegekräfte sind, haben uns Fachkräfte mit ihren Geschichten eindrucksvoll gezeigt.

Rückenschmerzen bei Pflegekräften

Volkskrankheit Rückenschmerzen: Fast jeder kennt sie und sie sind einer der Hauptgründe für Krankschreibungen in Deutschland. Auch im Pflegeberuf ist der Rücken buchstäblich die tragende Säule der Pflegekraft. Hier ist er vielen Belastungen ausgesetzt, aber vor allem das Umlagern und Unterstützen pflegebedürftiger Menschen erfordert enorm viel Körperspannung und Kraftanstrengung, oftmals in ungünstigen Körperpositionen. Dazu kommen die im vorigen Abschnitt besprochenen Belastungsfaktoren für die Füße, die sehr oft auf den Rücken ausstrahlen.

Was hilft gegen Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen sind meist sehr komplex und unterscheiden sich von Mensch zu Mensch in puncto Ursachen und Trigger. Daher kann nur eine Ärztin oder ein Arzt bzw. eine Orthopädin oder ein Orthopäde die passende Therapie finden. Hier sind ein paar allgemeine Tipps, um Rückenschmerzen zu lindern:

  • Sport und Bewegung: Ein gesunder Rücken muss trainiert werden. Zu den beliebtesten rückenfreundlichen Sportarten zählen Schwimmen und Joggen.
  • Haltungsverbesserung: Schlechte Körperhaltung führt vor allem bei punktueller Belastung zu akuten Rückenschmerzen. Eine ergonomische Haltung im Job wie im Alltag kann ebenso helfen wie die passende Abwechslung aus Stehen, Gehen und Liegen. Auch Yoga hat eine positive Wirkung auf die Körperhaltung und kann Rückenschmerzen lindern.
  • Rückenübungen im Berufsalltag: Strecken und Dehnen können den Rücken spürbar entspannen. Nutzen Sie möglichst viele Gelegenheiten, um die Muskeln zu strecken.
  • Physiotherapie wird vom Arzt oder von der Ärztin verschrieben und kann enorm hilfreich sein. PhysiotherapeutInnen behandeln Rückenschmerzen individuell und können dabei ein besonderes Augenmerk auf die akuten Problemzonen legen.
Rückenbehandlung bei Physiotherapeutin

Infektionsrisiko im Pflegealltag

Pflegekräfte sind in erhöhtem Maße Krankheitserregern ausgesetzt und stecken sich leicht bei PatientInnen und KollegInnen an. Auch wenn hohe Hygienestandards eingehalten werden, ist das Infektionsrisiko in medizinischen Einrichtungen besonders groß. Das gilt nicht nur für gewöhnliche Viren, die etwa Erkältungen und Influenza verursachen oder SARS-CoV-2, sondern auch für gefährlichere Viren wie die Hepatitis-Viren und HIV, mit denen Pflegekräfte von Berufs Wegen häufiger in Kontakt kommen.

Wie kann man das Infektionsrisiko gering halten?

In der Regel sorgen medizinische Einrichtungen selbst für einen hohen Hygienestandard: Das Tragen von Schutzausrüstung wie Handschuhe und Masken ist für die Fachkräfte in vielen Arbeitssituationen verpflichtend. Trotzdem kann jede Pflegekraft etwas dafür tun, das Infektionsrisiko weiter zu minimieren, nicht nur im Job, sondern auch privat:

  • Hohes Maß an Händehygiene: Häufiges Waschen vor und nach dem Essen, nach dem Toilettengang und möglichst oft vor und nach dem Umgang mit kranken PatientInnen. Dabei gilt: Mindestens 20 Sekunden mit Seife, gut an den Händen verteilt und verrieben.
  • Impfungen auf dem neuesten Stand halten.
  • Saubere Umgebung pflegen: Reinigen Sie regelmäßig häufig verwendete Oberflächen, Geräte und Alltagsgegenstände.
  • Vermeiden Sie, in Ihr Gesicht zu fassen, nachdem Sie öffentlich zugängliche Oberflächen angefasst haben.
  • Husten und Niesen Sie in ein Taschentuch oder in die Armbeuge und weisen Sie Ihre KollegInnen darauf hin, dies ebenfalls zu tun.
  • Social Distancing ist auch nach der Corona-Epidemie noch sehr effektiv darin, das Infektionsrisiko zu minimieren. Halten Sie an öffentlichen Orten und im Personennahverkehr, wenn es geht, ausreichend Abstand zu anderen Personen.
  • Krank Zuhause bleiben: Wer mit einer ansteckenden Krankheit zur Arbeit geht, gefährdet Kolleginnen und Kollegen und tut am Ende niemandem einen Gefallen. Pflegekräfte setzen darüber hinaus ihre PatientInnen einem teilweise noch höheren Risiko aus. Bleiben Sie selbst bei Verdacht einer infektiösen Krankheit lieber Zuhause, selbst wenn Sie betrieblichen Druck verspüren.

Physische Belastungen besser steuern – mit Zeitarbeit

Die meisten körperlichen Belastungen in der Pflege lassen sich darauf zurückführen, dass die Fachkräfte schlicht überarbeitet sind. Unser Faktencheck für die Pflege 2023 ergab, dass ein riesiger Personalmangel herrscht: Deutschland bräuchte am besten heute noch mindestens 200.000 Fachkräfte, um den Bedarf zu decken. Dazu kommt die alternde Gesellschaft mit immer mehr kranken und pflegebedürftigen Menschen. Eine Pflegekraft muss also immer mehr PatientInnen versorgen. Das bedeutet nicht nur Extraschichten, Überstunden, fehlende Pausen und schnellere Arbeitsprozesse, sondern auch erhöhte körperliche Belastungen, die immer mehr Pflegekräfte krank machen.

Viele Pflegerinnen und Pfleger finden mittlerweile in der Zeitarbeit ein Arbeitsmodell, mit dem sie ihre Belastungen viel besser steuern können. Durch das viel bessere Mitspracherecht in puncto Schichtplanung und Überstunden können Pflegekräfte in Arbeitnehmerüberlassung in einem hohen Maße selbst bestimmen, wie viel sie arbeiten. Dann geben sie auch selbstbestimmt ihren Körpern die Ruhepausen und sportlichen Aktivitäten, die sie brauchen, um fit zu bleiben.

Titelbild: iStock.com/shapecharge

Autor

Dominik Broßell

Der Online-Redakteur von doctari widmet sich allen möglichen Themen im Gesundheitswesen und hat dabei ein besonderes Augenmerk auf die aktuellen Herausforderungen für die Pflege und ihre Fachkräfte.

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