Grübeleien stoppen

Abschalten: 7 Tipps für einen erholsamen Feierabend

Eine junge Frau sitzt mit einer Tasse Tee auf der Couch und schaut nachdenklich nach oben.
Amely Schneider | 14.9.2023 | Lesedauer: 5 Minuten

Der Körper liegt seit einer Stunde auf der Couch, doch der Kopf eilt noch immer über die Klinikkorridore? Das schadet der Erholung und sollte geändert werden. Wie? Mit unseren 7 Tipps.

Menschen, die im Krankenhaus arbeiten, stehen täglich vor besonderen Herausforderungen: schwer kranke Menschen, verzweifelte Angehörige, Zeitdruck und eine körperlich anstrengende Arbeit. All das belastet. Umso wichtiger ist es, sich ausreichend zu erholen. Doch das gelingt nicht, wenn nach Feierabend die Gedanken weiter um die Arbeit, die PatientInnen oder die KollegInnen kreisen. Darum, was war und darum, was kommen könnte. Was kann man tun, um sich von Ereignissen des Tages zu lösen?

Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass das Gehirn bei Aktivität ähnlich funktioniert wie beim Nichtstun. Von einer stressigen Schicht direkt auf die Couch – das bringt in der Regel keine Erholung. Denn das Gehirn kann nicht so einfach umschalten und die Gedanken verhalten sich in der Ruhephase ähnlich wie zuvor. Deshalb hilft es, außerhalb des Jobs aktiv zu sein und so positive Gedankenstrukturen für die Ruhephasen aufzubauen. Menschen müssen sich also aktiv darum kümmern, dass das Entspannen bzw. das Nichtstun gelingt zum Beispiel beim Sport oder beim Erlernen eines Instruments.

1. Musizieren, bewegen und Neues lernen

Das menschliche Gehirn braucht Abwechslung, positive Abwechslung. Um vom Job abschalten zu können, ist es deshalb wichtig, nach Feierabend etwas Schönes zu unternehmen, das nichts mit dem Arbeitsalltag zu tun hat. So haben Wissenschaftler Personen im Rahmen einer Studie gebeten, dreimal pro Woche 30 Minuten Schlagzeugspielen zu lernen. Nach acht Wochen fanden sie bei diesen Personen Veränderungen in den Hirnregionen, die bei Ruhe aktiv sind. Wer also außerhalb des Jobs aktiv ist, also ein Instrument lernt oder eine neue Sportart, der kann sich im Anschluss besser erholen. Zudem schaffen neue Welten, neue Themen und andere Menschen Distanz zum Job, etwa bei Aktivitäten in einem Verein, in einem Chor oder im Rahmen eines Kochkurses.

2. Bewusst entspannen, statt berieseln

Abschalten lässt sich trainieren – mit speziellen Techniken. Diese helfen dabei, noch tiefer zu entspannen und sich am Ende erholter zu fühlen. Bewährt hat sich zum Bespiel die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Hierbei werden einzelne Muskelpartien zunächst bewusst angespannt und anschließend entspannt. Edmund Jacobson entwickelte diese Technik, weil seiner Ansicht nach eine entspannte Muskulatur zu einem entspannten Geist führt. In Stresssituationen kommt es hingegen zu Verspannungen.

Ebenfalls bewährt haben sich das Autogene Training, Yoga oder Meditation, um nach Feierabend besser abschalten zu können. Achtsamkeitsübungen nach Jon Kabat-Zinn trainieren, sich auf das Hier-und-Jetzt zu konzentrieren und Sorgen rund um den Job zu vergessen. All diese Techniken müssen in ruhigen Situationen geübt werden, um sie in Stressphasen erfolgreich abrufen zu können. Dann helfen sie dabei, die Kontrolle über das Gedankenkarussell zurückzugewinnen und den Geist zu beruhigen.

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3. Mit anderen Fachkräften darüber sprechen

Wer in Kliniken, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen arbeitet, erlebt täglich viel Stress und emotional belastende Situationen. Um diese besser verarbeiten zu können, hilft oft ein Gespräch mit KollegInnen. „Ich finde den Austausch mit anderen Pflegenden gut. Nur sie verstehen, was mich bewegt“, sagt Michaela Weber, Intensivkrankenschwester. „Der Partner zuhause kann das oft nicht so nachempfinden. Deshalb rufe ich nach einem schwierigen Tag häufig Kollegen an, um mich mit ihnen auszutauschen“. Nach diesem Prinzip funktioniert auch die kostenfreie PSU-Helpline von medizinischen Fachkräften für medizinische Fachkräfte.

4. Kleine Pausen für mehr Abstand

Wie bereits erwähnt, muss das menschliche Gehirn das Abschalten lernen. Je länger es im Stressmodus verweilt, desto schwerer ist es oft, in die Entspannung zu wechseln. Deshalb hilft es, in den Arbeitsalltag Mini-Entspannungsmomente einzubauen, in denen man kurz abschaltet und sich bewusst auf das Hier-und-Jetzt ausrichtet. Das bringt selbst dann etwas, wenn es nur für ein paar Sekunden ist. Beispielsweise kann man vor dem Eintreten in ein Krankenzimmer für einen Moment stehenbleiben, die Augen schließen und tief ein- und ausatmen. Oder man nutzt die Zeit beim Händewaschen, um für einen Augenblick an etwas Schönes denken.

5. Grübelzeiten einplanen

Wenn die Gedanken unentwegt kreisen, dann kann es helfen, ihnen ganz bewusst für eine festgelegte Zeitspanne Raum zu geben. Das kann beispielsweise nach Feierabend eine feste „Grübelzeit“ von 15 Minuten sein. Manche Psychologen empfehlen die Grübelstuhl-Technik. Dafür legt man in seiner Wohnung einen Platz fest, auf dem gegrübelt werden darf. Nur wenn man dort sitzt, ist das Nachdenken über die Probleme im Job erlaubt. Steht man auf, ist Schluss damit.

6. Aus dem Kopf aufs Papier

Wenn Gedanken kreisen und eine Lösung für ein bestimmtes Problem einfach nicht gefunden wird, dann kann es förderlich sein, die Gedanken aufzuschreiben und auf diese Weise sozusagen an das Blatt „abzugeben“. Das funktioniert natürlich auch digital. „Ich habe eine Whatsapp-Gruppe mit mir selbst“, sagt Michaela. „Ich pinne mir die ganz oben hin und wenn ich irgendwas im Kopf habe, zu dem ich eine Lösung finden möchte, oder das mich extrem beschäftigt, dann mache ich mir zwei Stichpunkte, schicke sie ab und schaue am nächsten Morgen drauf. Denn abends erscheint alles viel dramatischer – das ist nachweislich so. Am nächsten Morgen können wir rational nochmal ganz anders darüber nachdenken“. Die eigene Gruppe hat Michaela zunächst mit jemand anderem erstellt und denjenigen dann aus der Gruppe entfernt.

Egal, ob digital oder auf dem Papier: Durch das Notieren kommen Ordnung und Struktur in wirre Sorgen und Gedanken. Man kann sich die Liste auch anschauen und sich fragen: Ist das wirklich wichtig, worüber ich gerade grübele? Kann ich daran jetzt aktiv etwas ändern? Und wie gravierend ist das Problem eigentlich? Bei Problemen, die gelöst werden können, hilft eine To-Do-Liste, die zu einem späteren Zeitpunkt Schritt für Schritt abgearbeitet werden kann.

Medizinische Fachkraft blickt nachdenklich aus einem Fenster.

7. Rituale integrieren, die den Feierabend markieren

Wer tägliche Feierabend-Rituale zelebriert, kann die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit bewusster ziehen. So signalisiert man dem Gehirn, dass der Arbeitstag jetzt vorbei ist. Manchen hilft es, auf dem Weg nach Hause stets denselben Song zu hören, zu Hause in eine bestimmte Kleidung zu schlüpfen, einen speziellen Tee zu trinken oder zu duschen. Andere lassen beim Übertreten der Schwelle in ihre Wohnung bewusst den Tag vor der Tür. Bei einem Spaziergang nach Hause kann man den Tag nochmal Revue passieren lassen und dann allmählich Schritt für Schritt alles hinter sich lassen. Manche finden es dabei auch gut, das Handy und alle anderen digitalen Geräte auszuschalten – zumindest für eine Übergangszeit.

Wenn nichts hilft: Grübeln kann krank machen

Manchmal kann das Abschalten gelingen, indem man an seiner eigenen Einstellung arbeitet. Macht man sich zu viel Druck? Ist man zu perfektionistisch? Fällt es schwer, die professionelle Distanz zu wahren? Wenn das Gedankenkreisen allerdings überhandnimmt, und man sich selbst nicht daraus lösen kann, sollte man sich Unterstützung bei einer Ärztin, einem Arzt oder bei PsychotherapeutInnen holen. Nachdenken ist dafür da, Probleme zu lösen. Krankhafte Grübeleien kreisen jedoch immer wieder um dieselben Themen und führen zu keiner Lösung, sondern hinterlassen nur negative Gefühle, Stress und Unruhe. Hier sollte man sich professionelle Hilfe suchen.

Titelbild: iStock.com/Ridofranz

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Amely Schneider

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