Diese Promis sind eigentlich Ärzte

10 ÄrztInnen, die ihren Ruhm nicht der Medizin verdanken

Eine Collage zeigt Porträts von Ursula von der Leyen, Maria Furtwängler, Friedrich Schiller und Maria Montessori
doctari Redaktion | 7.2.2023 | Lesedauer: 7 Minuten

PolitikerInnen, SchauspielerInnen, Dichter, Kabarettisten: Wir verraten, welche Promis eigentlich Arzt oder Ärztin werden wollten und dann alles anders kam.

Stanislaw Lem: Blick in die Zukunft

Die Liste der sogenannten Dichterärzte ist lang. Der polnische Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem (1921-2006) hat mit einer bewegenden Lebens- und Berufsgeschichte seinen festen Platz auf ihr. Als Sohn einer jüdischen Arztfamilie im damals polnischen Lemberg musste er sein Medizinstudium unterbrechen, als deutsche Truppen seine Geburtsstadt 1941 besetzten. Ein Großteil der Familie fiel später dem Holocaust zum Opfer.

Lem überlebte dank gefälschter Papiere und engagierte sich im Widerstand. In Lemberg konnte er nicht weiterstudieren, da die Stadt nach dem Krieg an die Sowjetunion gefallen war. Die Universität Krakau ließ ihn das Medizinstudium im dritten Anlauf beenden. Dort arbeitete er als Forschungsassistent zu Problemen in der angewandten Psychologie. Als Arzt praktizierte er hingegen nicht. Dies wurde ihm verwehrt, da er den sogenannten Lyssenkoismus ablehnte. Stanislaw Lem gehört zu einer ganz speziellen Riege von Pionieren in der schreibenden Kunst: Er besaß die Gabe, die Folgen von technischen Entwicklungen für die Menschheit nicht nur sprachgewandt und kurzweilig, sondern auch wissenschaftlich fundiert zu beschreiben.

Ein Kupferstich zeigt Maria Montessori.

Maria Montessori begründete nicht nur eine eigene Form der Pädagogik, sie war auch Kinderärztin.

Maria Montessori: Kinder auf ihrem Weg ermutigen

Maria Tecia Artemisia Montessori (1870-1952) war nicht nur eine der ersten Frauen, die 1896 in Italien promovierten. Montessori entdeckte bereits während des Studiums in Rom das Fachgebiet der Kinderheilkunde für sich. Als Assistenzärztin in der Kinderpsychiatrie interessierte sie sich besonders für die nur unzureichend versorgten Kinder mit geistigen Beeinträchtigungen. Montessori gewann die Überzeugung, dass diese Menschen eher pädagogisch als medizinisch behandelt werden sollten.

Unter dem Leitgedanken „Hilf mir, es selbst zu tun“ begründete die Medizinerin später eine Reformpädagogik und Philosophie, die Kinder als Individuen und in ihrer eigenen Wertigkeit wahrnimmt. Mit Freiarbeit und damals außergewöhnlichen Lernmaterialien schlug die Montessori-Methode neue Wege in einer eher von autoritären Erziehungsstilen geprägten Zeit ein. Jedes Kind soll in seinem eigenen Rhythmus und auf seine eigene Art lernen.

So entwickelte sie unter anderem den legendären „Einsatzzylinder“. Das „Spielzeug“ besteht aus einem hölzernen Barren mit unterschiedlich großen runden Vertiefungen und darin einzusetzenden Zylindern. Es trainiert bei Kindern Konzentration sowie Feinmotorik der Schreibhand und schult ihre Wahrnehmung für Größen und Körpervolumen. Noch heute profitieren die Kleinsten in Schule und Kindergarten von Montessoris pädagogischen Ansätzen und Unterrichtsmaterialien.

Théophraste Renaudot: Frühes Start-up-Fieber in Frankreich

Ein neues und für viele Menschen existenzielles Kapitel der Informationsvermittlung schlug im 17. Jahrhundert Théophraste Renaudot (1586–1653) auf. Der Doktor der Medizin stand zeitweise als Leibarzt in den Diensten des französischen Königs Ludwig XIII. Von Kardinal Richelieu protegiert, sollte er sich als Erster Minister Frankreichs der Armutsbekämpfung in Paris widmen.

1630 gründete Renaudot sein „Bureau d’adresse“. Hier konnten Notleidende Jobs und Unterkünfte ausfindig machen. Diese Angebote konnten zuvor gegen eine kleine Gebühr aufgegeben werden. Es schien, als hätte man auf diese bahnbrechende anonyme Dienstleistung für alle geradezu gewartet. Mit diesem Kleinanzeigenmarkt für alle schuf er für Menschen gleich welchen gesellschaftlichen Standes nicht nur die Chance, unabhängig von persönlichen Beziehungen, einen Broterwerb oder ein Dach über dem Kopf zu erlangen. Selbst der König der Franzosen nutzte das Büro, um für sich ein rares isabellfarbenes Pferd aufzutreiben.

Renaudots Ehrgeiz als Gründer war damit noch nicht zum Erliegen gekommen. Neben einer Klinik, einem Pfandhaus und einer Kunstgalerie schrieb er als Herausgeber der ersten Zeitung Frankreichs „La Gazette de France“ Mediengeschichte. Übrigens hat der äußerst kreative französische Arzt auch in die Weltliteratur Eingang gefunden. Alexandre Dumas verewigte ihn als einen der Bösewichte in seinem berühmten Roman „Die drei Musketiere“.

Schauspielerin Maria Furtwängler im Porträt

Tatortkommissarin und Ärztin in einem: Maria Furtwängler

Maria Furtwängler: Verbrecherjagd & Zivilcourage

Das Schauspieltalent wurde ihr von ihrer Mutter Kathrin Ackermann zwar in die Wiege gelegt und sie hatte bereits als Kind ihre erste Rolle. Doch Maria Furtwängler (*1966) zog es nach dem Abitur zunächst zur Medizin und sie begann ein Medizinstudium. Die Schauspielerei sollte in dieser Zeit nur dem Broterwerb der Studentin dienen. Nach ihrer Promotion in München praktizierte sie in der Praxis eines Internisten.

Die Schauspielerei gab sie dennoch nicht auf. Im Gegenteil. Sie wurde immer wichtiger, sodass Furtwängler sich irgendwann zwischen den beiden Berufen entscheiden musste. Ihr Erfolg bestätigt, dass sie sich damals zu Recht für den Beruf der Schauspielerin entschieden hat. Heute ist Furtwängler nicht nur durch ihre nunmehr langlangjährige Präsenz in den „Tatort“-Krimis eine feste Größe im deutschen Fernsehen. Ihr soziales und gesellschaftliches Engagement wurde etliche Male ausgezeichnet. Seit 2018 trägt sogar eine Berufsschule ihren Namen.

Giovanni Morelli: Kunstfälschern auf der Spur

Mit seiner „Morellischen Methode“ machte der gleichnamige italienische Arzt im 19. Jahrhundert Furore und wurde zum Schrecken führender Museen und Galerien. Als Spezialist für vergleichende Anatomie entlarvte Giovanni Morelli (1816-1891) Fälschungen von Gemälden oder Fehlzuschreibungen in der Kunstgeschichte. Dabei verglich er akribisch scheinbar nebensächliche Details wie die Darstellung von Ohrmuscheln, Füßen, Händen und Fingernägeln, die er quasi als Handschrift des Künstlers definierte.

So entdeckte er in deutschen und römischen Galerien, dass etliche Bilder nicht den richtigen Malern zugeschrieben wurden. Sein berühmtester Coup war die „Schlafende Venus“. Er konnte nachweisen, dass das in der Dresdner Galerie hängende Meisterwerk keine Kopie eines Gemäldes von Tizian darstellt. Vielmehr war es dem Pinsel des italienischen Renaissancemalers Girgione entsprungen. Morellis zweite Leidenschaft galt der Politik. So gehörte der Arzt seit 1873 dem italienischen Senat an.

Ursula von der Leyen im Porträt

Ursula von der Leyen wollte ursprünglich Ärztin werden.

Ursula von der Leyen: Aus der Frauenklinik an die Spitze der EU

Die ehemalige Bundesfamilien-, verteidigungs- und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (*1958) hat es als Politikerin bis nach Brüssel geschafft und fungiert dort seit 2019 als Präsidentin der Europäischen Kommission. Ihre steile Karriere als Politikerin war jedoch nicht der ursprüngliche Plan von Ursula von der Leyen. Zunächst studierte sie für drei Jahre lang Volkswirtschaft.

1980 begann sie, in Hannover Humanmedizin zu studieren. Nach dem Staatsexamen und der Approbation arbeitete von der Leyen als Assistenzärztin an der Frauenklinik MHH und promovierte 1991. Von der Leyen praktizierte nur wenige Jahre als Ärztin und schloss ihre Facharztausbildung nicht ab. Stattdessen begleitete sie ihren Mann zunächst in die USA, wurde Mutter von sieben Kindern und übernahm 2003 ihr erstes landespolitisches Amt als Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit in Niedersachsen.

Eckart von Hirschhausen: Lachen ist die beste Medizin

Der Komiker und Buchautor Eckart von Hirschhausen (*1967) verfasste Bestseller wie „Die Leber wächst mit ihren Aufgaben“ oder „Wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist?“. Doch das Schreiben ist nur eine Profession von vielen, die Hirschhausen betreibt.  Das in Frankfurt geborene Multitalent hat von 1986 bis 1992 Medizin studiert. Anschließend praktizierte er als Arzt im Praktikum in einer Kinderneurologie in Berlin. Aber auch in Bern und in Johannesburg war er als Arzt tätig. 2007 veröffentlichte Hirschhausen das humoristische Lexikon „Arzt-Deutsch/Deutsch-Arzt“. Seither hat er zahlreiche weitere Bücher veröffentlicht, als Kabarettist gearbeitet, Drehbücher geschrieben, als Schauspieler gearbeitet und TV-Sendungen moderiert.

Karl Lauterbach: Gesundheitsminister mit Fachwissen

Der SPD-Politiker Lauterbach (*1963) wurde während der Hochphase der Corona-Pandemie mit seinen öffentlichkeitswirksamen Einschätzungen und Kommentaren in zahlreichen Talkshows einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Im Dezember 2021 wurde Lauterbach im Kabinett von Olaf Scholz zum Bundesgesundheitsminister ernannt. Seine Karriere begann der Vater von fünf Kindern im Jahr 1982 mit einem Studium der Humanmedizin in Aachen, das er erfolgreich abschloss und 1991 seinen Doktortitel erhielt. Eine praktische Tätigkeit als Arzt übte Karl Lauterbach allerdings nie aus. Er beantragte nach dem Studium nicht einmal seine Approbation. Diese erhielt er Berichten zufolge im Jahr 2010. Seit 2005 ist Lauterbach Mitglied des Bundestages. Stattdessen studiert er zusätzlich Public Health in Harvard sowie Science in Health Policy and Management. In beiden Fächer hat Lauterbach mit einem Mastertitel abgeschlossen.

Ein Kupferstich zeigt Friedrich Schiller

Friedrich Schiller war zwischenzeitlich als Truppenarzt im Einsatz

Friedrich Schiller: Dichter, Philosoph und Truppenarzt

Die Lektüre von Dramen wie „Kabale und Liebe“ oder „Maria Stuart“ gehören zum Standardrepertoire für den Deutschunterricht an weiterführenden Schulen in Deutschland. Das Gleiche gilt für dramatische Werke wie „Wilhelm Tell“ oder „Die Räuber“, die Theatergänger bereits in zahlreichen Varianten auf der Bühne gesehen haben dürften.

Doch Friedrich Schiller (1759-1805) war nicht nur ein begnadeter Schriftsteller und ein guter Freund von Johann Wolfgang von Goethe. Schiller war auch Arzt und Philosoph. Nachdem seine ersten beiden Dissertationen erfolglos blieben, durfte er ab 1780 den Doktortitel tragen und als Arzt praktizieren. In der darauffolgenden Zeit arbeitete Schiller unter anderem als Truppenarzt, was ihm allerdings von Anfang an wenig Freude bereitete und er zudem unzufrieden mit seinem Verdienst war.  

Alfred Döblin: Expressionist mit eigener Praxis

Der in Stettin geborene Alfred Döblin (1878-1957) gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des literarischen Expressionismus. Sein bekanntestes und am häufigsten rezitiertes Werk ist der Roman „Berlin Alexanderplatz“, der das Leben des Arbeiters Franz Biberkopf im trubeligen Berlin der Weimarer Republik beschreibt. Es gilt als bedeutendes Zeitzeugnis und als innovativ in Sprache und Erzählstil.

Schon als Schüler hat Alfred Döblin erste Erzählungen verfasst. Neben seiner Arbeit als Schriftsteller war Döblin ausgebildeter Arzt und betrieb in Berlin eine eigene Praxis als Internist und Nervenarzt. Im ersten Weltkrieg arbeitete er als Lazarettarzt an der Front.

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