Ein Schnitt mit dem Skalpell, ein unachtsamer Stich mit einer Nadel oder stundenlanges Verharren in unbequemen Haltungen – Ärztinnen und Ärzte setzen täglich ihre eigene Gesundheit aufs Spiel, während sie sich um die ihrer PatientInnen kümmern. Allein 2023 registrierte die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrts-pflege (BGW) bei Ärztinnen und Ärzten über 1.700 Verdachtsfälle auf Berufskrankheiten. 90 Prozent davon sind Infektionskrankheiten, gefolgt von Hauterkrankungen, Rückenschmerzen und psychischer Belastung.“
Die gute Nachricht ist: Wer vorbeugt, kann viele gesundheitliche Risiken minimieren. Hier kommen die besten Präventionstipps.
Physische Belastungen: Infektionsschutz mit Struktur
Der medizinische Berufsalltag fordert den Körper: Langes Stehen, monotone Bewegungen und schwere Belastungen setzen Rücken, Nacken und Hände unter Druck. Gleichzeitig lauern unsichtbare Gefahren wie Infektionen, Hauterkrankungen durch häufiges Desinfizieren und der Kontakt mit gefährlichen Chemikalien. Um Infektionen vorzubeugen, hilft das TOP-Prinzip:
- T für technische Maßnahmen: Sicherheitskanülen, Desinfektionsmittelspender an jeder Ecke und spezielle Behälter für kontaminiertes Material sind essenziell.
- O für organisatorische Maßnahmen: Klare Arbeitsabläufe, regelmäßige Schulungen und gute Kommunikation minimieren Risiken. Ein strukturiertes Vorgehen bei der Wundversorgung verringert die Gefahr von Infektionen.
- P für persönliche Schutzmaßnahmen: Handschuhe, Mundschutz und Schutzkittel sind die Basics. Regelmäßiges Händewaschen und korrektes Ablegen kontaminierter Schutzkleidung verhindern Keimübertragungen.
Schutzkittel statt Kettenhemd: Die modernen Ritter des Gesundheitswesens
Schutzkleidung ist die Rüstung der Medizin: Sie bewahrt Ärztinnen und Ärzte vor Infektionen, hautreizenden Stoffen und Chemikalien. Ob Kittel, Handschuhe oder Mundschutz – Arbeitgeber sind verpflichtet, geeignete Schutzkleidung bereitzustellen und für die Reinigung zu sorgen. Besonders Handschuhe sind ein Muss – je nach Tätigkeit gibt es spezielle Modelle für unterschiedliche Risiken.
Hautschutz – die unsichtbare Barriere
Die Haut ist das größte Schutzschild des Körpers – doch im medizinischen Alltag wird sie täglich strapaziert. Ständiges Desinfizieren, der Kontakt mit Chemikalien und das Tragen von Handschuhen setzen ihr zu. Trockene, rissige Haut ist nicht nur unangenehm, sondern auch ein Einfallstor für Keime.
Die richtige Pflege ist daher unverzichtbar: Milde, hautfreundliche Seifen und rückfettende Cremes sollten fester Bestandteil der Hautpflege-Routine sein. Auch Handschuhe bieten nicht immer vollständigen Schutz – sie können Allergien auslösen oder durch Schwitzen die Haut aufweichen. Achten Sie darauf, Hautschutzcremes zu verwenden, nach jeder Schicht Feuchtigkeitspflege aufzutragen und setzen Sie auf hautschonende Desinfektionsmittel.
Nadelstichverletzungen: Vorsicht ist die beste Medizin
Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit und schon ist es passiert – Schreckensmomente mit Nadeln sind vielen Medizinerinnen und Medizinern wohlbekannt. Das Risiko, sich dabei mit gefährlichen Erregern zu infizieren, ist real. Diese einfachen Maßnahmen helfen:
● Nadelfreie Infusionssysteme nutzen
● Arbeitsabläufe optimieren, um Hektik zu vermeiden
● Schulungen zur richtigen Handhabung von Kanülen
● Striktes Verbot des „Recappings“ – niemals Nadeln zurück in die Schutzkappe stecken
Falls es doch zu Verletzungen kommt, gilt: Schnelles Handeln rettet Leben. Spülen und desinfizieren Sie die Wunde sofort und melden Sie den Vorfall umgehend der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt und der Bundesgenossenschaft.
Rücken im Dauereinsatz: So beugen Ärztinnen und Ärzte Überlastung vor
Langes Stehen, monotone Bewegungen und ungünstige Arbeitshaltungen – der Alltag in der Medizin ist eine echte Belastungsprobe für den Körper, insbesondere für Rücken, Nacken und die Hände.
Chirurgen, Chirurginnen beispielsweise verharren oft stundenlang in unbequemen Positionen, während ihre Hände präzise Arbeiten ausführen. Das kann zu Rücken- und Nackenverspannungen, Sehnenscheidenentzündungen oder zu chronischen Muskel-Skelett-Erkrankungen führen.
Kleine Pause, große Wirkung
Im stressigen Klinikalltag bleibt oft keine Zeit für ausgedehnte Pausen, aber selbst eine kurze Mobilisierung kann Wunder bewirken. Bei einem kurzen Spaziergang oder fünf Minuten Dehnen zu einer Lieblingspodcast-Folge können Körper und Kopf frische Energie tanken.
Fitness ohne Umwege
Haben Sie schon einmal recherchiert, welche Sport- oder Yoga-Studios es in Laufdistanz zu Ihrer Klinik oder dem Krankenhaus gibt? In der Nähe liegt die Kraft! Der innere Schweinehund kann leichter überwunden werden, wenn der Sportkurs vor der Arbeit oder in der Mittagspause stattfindet, am besten direkt um die Ecke.
Fragen Sie bei Ihrem Arbeitgeber nach, ob eine Kooperation mit einem Fitnessstudio besteht oder regen Sie eine an. Abends helfen 10 bis 15 Minuten lange intensive HIIT-Workouts oder kurze Yoga-Sessions zu Hause dabei, Schmerzen vorzubeugen.
Psychische Belastungen: Wie der Job weniger an die Substanz geht
Hoher Zeitdruck, emotionale Grenzerfahrungen, Nacht- und Schichtarbeit – die mentale Belastung in medizinischen Berufen ist enorm. Burnout in der Pflege oder Burnout bei Ärzten ist zwar keine anerkannte Berufskrankheit, aber stressbedingte Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen nehmen kontinuierlich zu.
Kopf frei: So können Ärzte und Ärztinnen psychischer Belastung vorbeugen
Langer Schichtdienst, hoher Arbeitsdruck und emotionale Grenzerfahrungen – für viele Ärztinnen und Ärzte gehört das zum Berufsalltag. Die mentale Belastung bleibt oft unsichtbar, bis sie sich in Erschöpfung, Schlafstörungen oder sogar einem Burnout äußert. Besonders die Verantwortung für Patientinnen und Patienten, schwierige Entscheidungen unter Zeitdruck und belastende Schicksale können auf die Psyche schlagen. Um langfristig gesund zu bleiben, sind gezielte Strategien zur mentalen Entlastung unerlässlich:
- Klare Grenzen setzen: Auch wenn die Arbeit nie aufhört – Erholungszeiten müssen sein. Regelmäßige Pausen und eine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben helfen dabei, langfristig leistungsfähig zu bleiben.
- Supervision und Austausch: Gespräche mit Kollegen, Kolleginnen oder Mentoren, Mentorinnen können helfen, belastende Erlebnisse zu verarbeiten und sich gegenseitig zu stärken.
- Mentale Entlastung durch Sport und Achtsamkeit: Bewegung, Meditation oder gezielte Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung helfen, Stress abzubauen und den Kopf freizubekommen.
- Hilfe annehmen: Wer erste Anzeichen von Erschöpfung spürt, sollte nicht zögern, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen – psychische Gesundheit ist genauso wichtig wie körperliche.
Schlaf als Medizin: Regeneration nicht unterschätzen
Besonders bei Schichtarbeit leidet der Schlafrhythmus. Doch wer hier nicht aufpasst, rutscht leicht in die chronische Erschöpfung. Die besten Tipps für erholsamen Schlaf:
- Feste Rituale nach der Schicht: Erteilen Sie sich selbst eine Stunde vor dem Schlafengehen Handyverbot im Schlafzimmer.
- Schlafumgebung optimieren: Sorgen Sie für gut gelüftete, dunkle und kühle Räume, denn sie fördern den Tiefschlaf.
Weitere Tipps für einen erholsamen Schlaf nach dem Schichtdienst gibt es hier.
Besser essen trotz stressigem Alltag
Der Klinikalltag ist hektisch – da wird schnell zur Schokolade oder zum Fast-Food-Burger gegriffen. Dabei ist eine gesunde Ernährung entscheidend für die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit.
- Meal Prep statt Fast Food: Investieren Sie am Wochenende ein wenig Zeit für die kulinarische Vorbereitung ihrer Arbeitswoche.
- Gesunde Snacks griffbereit haben: Nehmen Sie sich Nüsse, mundgerecht geschnittenes Obst und Proteinriegel von zuhause mit, dann können Sie Kantinen-Süßigkeiten leichter widerstehen.
- Genügend trinken: Ohne Kaffee geht bei wenigen Fachkräften im Krankenhaus was. Das ist klar, aber Wasser oder ungesüßte Tees sollten überwiegen.
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