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Auch in Deutschland ist die Gewalt gegen Sanitäter oder gegen Personal in Notaufnahmen besonders ausgeprägt. Das zeigt eine Befragung der Hochschule Fulda, bei der im Jahr 2019 MitarbeiterInnen von 51 Notaufnahmen zu verbaler, körperlicher und sexualisierter Gewalt befragt wurden. Das erschreckende Ergebnis: Rund 97 Prozent gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal verbale Gewalt erlebt zu haben. 76 Prozent haben mindestens einmal körperliche Gewalt erfahren. Bei sexualisierter Gewalt gaben 52 Prozent an, in jüngster Zeit Opfer solcher Übergriffe geworden zu sein.
Eine ähnliche Studie wie die Hochschule Fulda hat auch das Deutsche Rote Kreuz durchgeführt. Ebenfalls mit besorgniserregenden Ergebnissen: Knapp ein Fünftel der Befragten gab an, mindestens ein- bis zweimal pro Woche beleidigt oder beschimpft zu werden. Des Weiteren berichten 14 Prozent der Befragten, in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von körperlicher Gewalt geworden zu sein. Ein Grund dafür, warum ausgerechnet Rettungskräfte so häufig beschimpft und angegriffen werde, könnte der Einfluss von Drogen oder Alkohol sein. Denn vor allem nachts und in Großstädten häufen sich solche Vorfälle.
Übrigens sind in drei Viertel der Fälle die PatientInnen selbst die TäterInnen. Das passiert zum Beispiel bei alkoholisierten oder anderweitig berauschten PatientInnen, die die Hilfe falsch interpretieren und sich körperlich dagegen wehren. „Die Ergebnisse sind erschreckend. Wir müssen leider feststellen, dass Beleidigungen, Beschimpfungen und auch körperliche Übergriffe mittlerweile zum Alltag im Rettungsdienst gehören“, sagt Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des DRK, zu den vom Roten Kreuz ermittelten Zahlen.
Nach Angaben der Polizei Hannover hat die Zahl der Übergriffe auf medizinisches Personal und Rettungskräfte seit 2016 Jahr für Jahr zugenommen. Lediglich im Corona-Jahr 2020 gab es einen Rückgang, der mit der Pandemie und den daraus resultierenden sinkenden Arztbesuchen zu tun haben dürfte.
Die Grafik zeigt die steigende Zahl der Übergriffe auf Rettungskräfte seit 2016. Nur 2020 gab es – vermutlich aufgrund von Corona – einen Rückgang.
Gewalt am Arbeitsplatz hat Folgen für die Fachkräfte und kann sogar dazu führen, dass die Betroffenen den Spaß an ihrem Beruf verlieren. Im Rahmen der Fuldaer Befragung gaben 32 Prozent an, die Freude an ihrem Beruf in Folge der Gewalt verloren zu haben. 26,5 Prozent denken sogar bereits über einen Berufswechsel nach. Noch häufiger gaben die Betroffenen als Folgen der erlebten Gewalt Gereiztheit (43,7 Prozent), gedrückte Stimmung (36,2 Prozent) und Abstumpfung (34,4 Prozent) an. All das kann im schlimmsten Fall zu einem Burnout führen.
Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich in seiner Amtszeit dafür eingesetzt, das Strafrecht bei Gewalt gegen ÄrztInnen, PflegerInnen und HelferInnen in der Notfallversorgung zu verschärfen. „Ärzte und Pflegekräfte werden gerade bei Not- und Nachtdiensten immer häufiger verbal oder sogar tätlich angegriffen. Das ist absolut inakzeptabel. Helfer genießen den besonderen Schutz unserer Gemeinschaft. Deshalb verschärfen wir die Strafen bei Gewalt gegen Ärzte, Pflegekräfte und Helfer in der Notfallversorgung“, so Spahn. Derartige Übergriffe sollen in schweren Fällen mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden.
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Sabine Stahl
Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.
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