Interview

Bianca Kohl: „Ich hatte noch nie im Leben so eine geile Zeit wie jetzt“

Juliane Beckmann | 14.11.2023 | Lesedauer: 4 Minuten

Bianca Kohl arbeitet als Krankenschwester in der Zeitarbeit für doctari und ist deutschlandweit im Einsatz. Wir haben mit ihr über ihr Leben und über Vorurteile gesprochen.

Bianca Kohl arbeitet mal hier, mal da. Seit sie ihre Festanstellung als Intensivkrankenschwester aufgegeben hat, ist sie für doctari deutschlandweit im Einsatz. Das bedeutet: viele neue Leute, neue Orte, neue Gegebenheiten und für Bianca bedeutet es auch eine große Chance – auf mehr Gehalt und mehr Selbstbestimmtheit. Kürzlich haben wir Bianca nach Tipps für den ersten Einsatz in der Zeitarbeit gefragt. Nun wollten wir über ihren Alltag, ihr Leben und über gängige Vorurteile gegenüber der Zeitarbeit sprechen.

Was ist das Schönste an deinem Beruf als Pflegekraft?

Bianca Kohl: Das Schönste ist zu sehen, wie sich Menschen nach einem Schicksalsschlag entwickeln können. Ich arbeite auf Intensivstationen und oft mit sehr schwer kranken Menschen. Wenn eine Heilung stattfindet und die Menschen erkennen: Wow, ich kann mein Leben jetzt verändern, ist das toll. Sehr häufig höre ich wirklich, dass sie eine Art zweites Leben bekommen oder einen Geburtstag feiern, wenn sie aus dem Koma aufwachen. Und davon ein Teil zu sein, das finde ich richtig schön. Den Menschen zu erzählen, was alles passiert ist, wo sie im Koma lagen. Man lernt die Menschen von einer Seite kennen, die sie selbst an sich nicht kennen.

Kannst du dich noch an deinen allerersten Einsatz in der Zeitarbeit. Wie war der für dich?

Bianca Kohl: Ich war am ersten Tag der Zeitarbeit mega aufgeregt und habe jedem erzählt, dass ich jetzt in der Zeitarbeit bin, dass heute mein allererster Tag in der Zeitarbeit ist und dass sie doch bitte Verständnis aufbringen sollen, und dass ich bemüht bin, alles schnell richtig hinzukriegen. Das war 2015, damals als Nebenjob, denn ich konnte keinen anderen Nebenjob im Krankenhaus machen. Zeitarbeit war aber möglich. So habe ich mir etwas dazu verdient, bis ich dann fest in die Zeitarbeit gewechselt bin. Ich war anfangs sehr aufgeregt, aber mit der Zeit bekommt man ein gewisses Gespür dafür, wie gehe an neue Teams ran?

Wie hat sich dein Leben durch die Zeitarbeit verändert?
Bianca Kohl:
Nach vier Jahren kann ich ganz klar sagen: Mein Leben hat sich extrem verbessert. Und ich wünsche mir einfach auch für andere Pflegekräfte, dass sie das auch erleben dürfen. Ich hatte noch nie im Leben so eine geile Zeit wie jetzt inklusive so vieler Freiheiten. Ich kann jetzt sagen, ich arbeite über Ostern sechs oder sieben Tage. Ich kann 100 Prozent arbeiten und dann kann ich wieder 50 Prozent arbeiten. Meine Berufserfahrung macht es mir halt auch leicht. Ich muss mich nicht ständig wieder neu einarbeiten.

Welchen Vorurteilen begegnest du in deinem Berufsleben?
Bianca Kohl:
Ich habe schon brutale Aussagen gehört, wie: Für ein bisschen Windelwechseln verdienst du so viel Geld? Wie kann das sein? So denkt die Gesellschaft über uns. Dabei kämpfst du jeden Tag ums Überleben von Menschen. Da müssen mehrere Medikamente zur gleichen Zeit gespritzt oder appliziert werden, ohne lange zu überlegen. Das muss sitzen. Und es sind Krankenschwestern, die Babys reanimieren, die man mit Kaiserschnitt geholt hat.

Gibt es auch Vorurteile gegenüber Zeitarbeitskräften? Etwa: Das ist doch moderne Sklaverei?
Bianca Kohl:
Das kann ich so gar nicht bestätigen. Also ich habe für mich durch die Zeitarbeit maximale Lebensqualität erhalten. Ich habe die Möglichkeit, nach Rücksprache mit der Klinik, meinen Dienstplan mitzugestalten – mal bisschen mehr, mal bisschen weniger. Es gibt Stationen, da kann man dann den Dienstplan komplett selbst schreiben. Ich kläre das meist im Vorfeld ab, um Missverständnisse zu vermeiden.
Meine Urlaubsplanung ist unabhängig vom Team. Wenn ich in Urlaub gehen will, kann ich Urlaub einreichen. Auch endlich mal im Sommer. Alle Festangestellten kennen das, dass man ohne Kinder im Sommer keinen Urlaub machen kann. Und ich kann in der Zeitarbeit entscheiden, ob ich Weihnachten oder Silvester oder auch gar nichts von beidem arbeiten möchte.

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Dann gibt es noch das Vorurteil, dass man als ZeitarbeiterIn nur schlechte Schichten bekommt. Stimmt das?

Bianca Kohl: Das kann ich ebenfalls gar nicht wiedergeben. Ich kann nur sagen, dass ich überwiegend meine Schichten selbst vorgeben kann. Oder zumindest den Block, an dem ich arbeite. Wenn ich jetzt eh vor Ort bin und ich sage, ich bin jetzt zehn Tage da und stehe vor Ort zur Verfügung, dann lasse ich der Einrichtung natürlich den Freiraum und sage, „Plan mich, wie du mich brauchst“.
Aber ich sage zum Beispiel auch, hier hinten raus kann ich nicht, weil da habe ich halt irgendwas vor. Ich muss mich nicht mehr rechtfertigen, das war oft ein Thema. Oft sage ich, dass ich noch studiere und dafür einiges zu tun habe, damit da auch das Verständnis dafür da ist, warum ich so arbeite. Das macht es allen Beteiligten leichter und es wird einfach auch so eingehalten.

Was würdest du gerne ändern?
Bianca Kohl:
Ich wünsche mir mehr Transparenz zu dem Thema: Was macht eine Pflegekraft wirklich? Was sind die Aufgaben einer Pflegekraft? Was muss eine Pflegekraft können oder wissen. Erstmal klar stellen, was es bedeutet, um 6:00 Uhr an einem Arbeitsplatz zu sein, die ganze Nacht durchzuarbeiten, wenig zu schlafen und dann wieder zum Dienst zu kommen, nicht planen zu können, kann ich dieses Wochenende eigentlich frei haben, aber dann nicht Weihnachten und Silvester, Pfingsten oder Ostern oder beides oder alles? Ich wünschte mir da viel mehr Respekt und eine Akzeptanz dafür, dass eine Pflegekraft auch nur ein Mensch ist und nicht immer funktionieren kann.

Liebe Bianca, wir danken dir für das Gespräch.

Autor

Juliane Beckmann

Online-Redakteurin mit viel Erfahrung und seit 2019 Teil der doctari-Redaktion. Lernt gern dazu, mag Bindestriche und macht die Texte rund.

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