Realitätscheck

Leiharbeit Pflege: Die häufigsten Vorurteile

Zwei Pflegekräfte sitzen gemeinsam auf dem Boden eines Krankenhausflurs.
Sabine Stahl | 24.7.2024 | Lesedauer: 4 Minuten

Als Leiharbeitskraft in der Pflege begegnen unsere Fachkräfte ab und an Vorurteilen. Welche, und was an ihnen dran ist, klären wir hier.

In Deutschland arbeiten rund zwei Prozent aller Pflegekräfte in der Leiharbeit. Sie springen ein, wenn andere krank werden oder kündigen. Sie unterstützen die Stammbelegschaft und sorgen dafür, dass die Patientenversorgung weiter reibungslos läuft.

Doch manchmal treffen die Leiharbeitskräfte an ihrem Einsatzort nicht nur auf offene Arme, sondern auch auf Vorurteile gegenüber der Leiharbeit. Diese beziehen sich manchmal auf die Qualität der geleisteten Arbeit oder auf die Arbeitsbedingungen oder gar die Arbeitsmoral der eingesetzten Pflegekräfte. Wir wollen uns vier der häufigsten Vorurteile gegenüber der Leiharbeit in der Pflege einmal genauer anschauen und prüfen: Was ist dran?

Vorurteil 1: Leiharbeiter in der Pflege sind schlechter ausgebildet

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass Fachkräfte in der Zeitarbeit Pflege schlechter ausgebildet sind als ihre festangestellten Kollegen und Kolleginnen. Diese Annahme hält einer kritischen Betrachtung jedoch nicht stand. Leiharbeitskräfte haben die gleiche berufliche Ausbildung absolviert wie andere Pflegekräfte. Hinzu kommt, dass Leasingkräfte viel Berufserfahrung mitbringen. Denn gerade in der Leiharbeit ist es wichtig, qualifiziertes und vor allem erfahrenes Personal zu vermitteln, damit sich die Pflegekräfte rasch auf wechselnde Anforderungen einstellen und hochwertige Pflege liefern können.

Laut einer Studie von doctari, der Nr. 1 für Zeitarbeit in der Medizin, haben mehr als 40 Prozent der bei uns beschäftigten Pflegekräfte mehr als 20 Jahre Berufserfahrung. Weitere 26 Prozent unserer Fachkräfte, egal ob Gesundheits- und Krankenpfleger, ob OTA, ATA oder andere Fachkräfte, haben 10 bis 20 Jahre Erfahrung in der Pflege. Leiharbeitskräfte sind also nicht schlecht ausgebildet und bringen noch dazu in aller Regel jede Menge Berufserfahrung mit.

Vorurteil 2: Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen meiden unbeliebte Schichten

Ein weiteres Vorurteil betrifft die Arbeitsbedingungen der Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen in der Pflege, konkret gesagt die Arbeitszeiten. Häufig wird behauptet, dass Leasingkräfte bevorzugt in regulären Tagesschichten arbeiten und weniger beliebte Schichten wie Nacht- und Wochenenddienste meiden.

Die Realität sieht jedoch anders aus, wie doctari Fachkraft Bianca Kohl bestätigt: „Wenn ich sowieso vor Ort bin, denke ich mir: Ich bin jetzt zehn Tage da und stehe hier zur Verfügung, dann lasse ich der Einrichtung natürlich den Freiraum und sage ihr, plan mich, wie du mich brauchst.“

Die freie Zeiteinteilung, mit der viele Zeitarbeitsunternehmen werben, nutzt Bianca auf andere Weise. So nimmt sie sich zum Beispiel längere Auszeiten, in denen sie dann gar nicht arbeitet. Auf die einzelnen Schichten und somit auf die Stammbelegschaft hat dies jedoch keine Auswirkungen.

Vorurteil 3: Leiharbeitskräfte sind nicht Teil des Teams

Ein drittes, häufig anzutreffendes Vorurteil ist, dass Leiharbeitskräfte oft den Arbeitsplatz wechseln, nur kurz in der jeweiligen Einrichtung tätig sind und somit kein Teil des festen Teams sein können. Diesem Vorurteil gegenüber steht jedoch die Tatsache, dass Leiharbeitskräfte in der Pflege in der Regel länger in einer Klinik arbeiten und oft sogar erneut gebucht werden.

Die Pflegekräfte von doctari sind im Schnitt 1,5 Monate in einer Einrichtung tätig. Hinzu kommt, dass laut einer internen Erhebung viele von ihnen von der gleichen Klinik erneut gebucht werden. Im Jahr 2022 lag der Anteil der nochmals gebuchten Leiharbeitskräfte bei 53 Prozent. Ein Jahr später betrug der Anteil 49 Prozent.

Dank der langen Einsatzdauer haben Leiharbeitskräfte die Chance, sich in die festen Teams zumindest ein Stück weit zu integrieren und Beziehungen zum Stammpersonal und zu den Patientinnen und Patienten aufzubauen. Die wiederholten Einsätze in denselben Einrichtung fördern ebenfalls die Kontinuität in der Patientenversorgung und die Teamdynamik, da die Pflegekräfte wiederkehrende und vertraute Gesichter im Pflegealltag werden.

Vorurteil 4: Die Leiharbeit Pflege verschlimmert den Personalmangel

Ein ebenfalls bekanntes Vorurteil gegenüber der Zeitarbeit lautet, dass die Unternehmen Stammpersonal aus Kliniken abwerben und somit den Fachkräftemangel noch verstärken. Doch das entspricht nicht den Tatsachen. Laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaft (IW) würden die meisten Leiharbeitskräfte aus dem Bereich Pflege bei einem Verbot der Leiharbeit nicht in eine Festanstellung zurückkehren. Das heißt, die Zeitarbeit ist keine Konkurrenz zur Festanstellung, sondern in der Regel ein anderes Arbeitsmodell.

Laut der erwähnten Studie gibt es für zwei Drittel der Befragten keine Alternative zur Leiharbeit: Mehr als die Hälfte würde, sollte das Arbeitsmodell von der Bundesregierung verboten werden, in einen anderen Tätigkeitsbereich wechseln. 11 Prozent würden der Pflege komplett den Rücken kehren und aufhören.

Infobox: Droht ein Verbot der Leiharbeit Pflege?

In der Vergangenheit wurde ein Verbot der Leiharbeit in der Pflege bereits mehrfach diskutiert. Dies verunsichert Fachkräfte und Interessierte. Doch ist ein solches Verbot überhaupt realistisch? „Wir beobachten dieses Thema schon sehr lange und wissen, dass die aktuelle Bundesregierung keinerlei Interesse daran hat, eine Begrenzung der Zeitarbeit in der Pflege umzusetzen. Dies hat sie bereits im Oktober 2023 sehr explizit kundgetan“, erklärt Susanne Grube, bei doctari verantwortlich für den Vertrieb Pflege. „Aus unserer Sicht kann Zeitarbeit niemals ein Ersatz der bestehenden Belegschaft sein, sondern vielmehr immer eine sinnvolle und wertvolle Unterstützung in den medizinischen Einrichtungen.“  

Fazit: Leiharbeit ist eine schnelle Lösung für personelle Engpässe

Die Leiharbeit in der Pflege bietet Krankenhäusern, Kliniken, Pflegeheimen und anderen medizinischen Einrichtungen die Möglichkeit, flexible Ausfallkonzepte zu erstellen. Sollte es zu Ausfällen bei der Stammbelegschaft kommen, kann die Patientenversorgung dank der Leiharbeit aufrechterhalten werden – ohne Einbußen bei der Qualität.

Das gilt für kurzfristige, aber auch für planbare Personalengpässe. In beiden Fällen kann dank der Leiharbeit in der Pflege Personal schnell und unkompliziert engagiert werden und die Lücke geschlossen werden. Die gute Qualifikation, die Berufserfahrung sowie die Bereitschaft zur Übernahme aller notwendigen Schichten bei Zeitarbeitskräften entsprechen den hohen Standards, die auch für festangestelltes Personal gelten, sodass die Vorurteile gegenüber der Leiharbeit in der Regel unbegründet sind.

Titelbild: iStock.com/michaeljung

Autor

Sabine Stahl

Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.

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