WHO-Studie

Europa: Ärzte, Ärztinnen und Pflegekräfte sind psychisch stark belastet

Wie geht es Ärzten und Pflegekräften in Europa? Laut einer neuen Studie leiden sie häufiger unter einer Depression.
Sabine Stahl | 27.10.2025 | Lesedauer: 2 Minuten

Die WHO schlägt Alarm: Einer neuen Studie zufolge leiden viele Beschäftigte in der Gesundheitsbranche an Depressionen oder Ängsten.

Die psychische Gesundheit von medizinischem Personal ist kein Luxus

Die Gesundheit von anderen zu verbessern oder zu erhalten ist ihr Job. Doch genau dieser Job belastet häufig ihre eigene, psychische Gesundheit und führt zu Depression, Angststörungen oder sogar Suizidgedanken. Dieses düstere Bild zeichnet eine groß angelegte Studie, bei der Ärztinnen, Ärzte und Pflegefachkräfte aus 29 europäischen Ländern im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) befragt wurden.

Die Zahlen sind alarmierend. Ein Viertel der Befragten berichtet in diesem Rahmen von einer Angststörung. Das gilt für ÄrztInnen und Pflegefachkräfte gleichermaßen. Depressive Symptome geben 32 Prozent der Pflegekräfte und 28 Prozent der Ärztinnen und Ärzte an. Damit hat medizinisches Personal laut der Studie ein fünfmal höheres Risiko für Depressionen als die Allgemeinbevölkerung. Fast jede achte befragte Person denkt an Selbstverletzung oder Suizid.

Diese Ergebnisse müssen ernst genommen werden. Denn wer psychisch belastet ist, kann sich schlechter um andere kümmern – mit direkten Auswirkungen auf Patientensicherheit und Versorgungsqualität. „Unsere Gesundheitssysteme können nur so gesund sein wie die Menschen, die sie tragen. Der Schutz der psychischen Gesundheit von Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften ist kein Luxus – er ist überlebenswichtig,“ sagt Dr. Hans Henri P. Kluge, Regionaldirektor des WHO Regionalbüros Europa.

Depressionen bei Ärzten und Pflegekräften: Was sind die Ursachen?

Woran liegt es, dass ausgerechnet Menschen in medizinischen Berufen häufiger psychische Probleme aufweisen als andere Personen? Ein zentraler Faktor ist die Arbeitslast. Ein Viertel der Befragten arbeitet laut der Studie mehr als 50 Stunden pro Woche. Hinzu kommen Schichtarbeit und Wochenenddienste, die Erholung erschweren und den Schlafrhythmus stören.

Aber auch die wachsende Konfrontation mit Gewalt und Aggressionen, sei es von Patienten, Patientinnen oder von Angehörigen, wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus. 70 Prozent erleben laut der Befragung solche Übergriffe regelmäßig. Aber auch das kollegiale Umfeld spielt eine wichtige Rolle beim psychischen Wohlbefinden und kann negative Folgen haben: Ein Drittel der Teilnehmenden berichtet, im vorangegangenen Jahr Mobbing oder Gewalt im Job erlebt zum haben.

Was hilft, die Situation für Ärzte und Pflegekräfte zu verbessern?

Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich die Situation der Ärzte, Ärztinnen und Pflegefachkräfte in Europa verbessert, ist die Stimmung im Team. So reduzieren kollegiale Unterstützung sowie die Unterstützung von Vorgesetzten das Risiko psychischer Erkrankungen enorm. Ähnliches gilt für eine gute Work-Life-Balance und den eigenen Einfluss auf Arbeitsgestaltung.

Konkret fordert Dr. Hans Henri P. Kluge:

  • Null-Toleranz-Politik gegen Mobbing, Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz
  • Arbeitsbelastung verringern
  • Führungskräfte schulen, um mentale Gesundheit aktiv zu fördern
  • Psychische Unterstützung & Suchthilfe leicht zugänglich machen und entstigmatisieren

Zur Studie

Zwischen Oktober 2024 und April 2025 wurden mehr als 120.000 Ärztinnen, Ärzte  und Pflegekräfte aus allen Ländern der Europäischen Union sowie Island und Norwegen befragt; mehr als 90.000 Antworten wurden analysiert.

Autorin

Sabine Stahl

Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.

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