Interview: Strahlenschutz

„Mit den Auswirkungen ionisierender Strahlung ist nicht zu spaßen"

Jenny (links) und Sabrina arbeiten bei doctari in der Abteilung Arbeitssicherheit.
Juliane Beckmann | 21.7.2023 | Lesedauer: 5 Minuten

Kleine Geräte, großer Effekt: Dosimeter zeichnen auf, wie viel ionisierender Strahlung eine Person ausgesetzt ist. Wir sprachen mit unserer Strahlenschutzbeauftragten Sabrina Osburg dazu. 

Arbeitsschutz bei doctari 

Wenn medizinische bzw. pflegerische Fachkräfte in Bereichen arbeiten, in denen eine bestimmte Strahlenexposition zu erwarten ist, muss deren tatsächliche Strahlenbelastung während der Arbeit ermittelt werden. Denn ionisierende Strahlung kann krank machen.  

Für die Einhaltung der Vorschriften des beruflichen Strahlenschutzes ist der Arbeitgeber zuständig - im Bereich Zeitarbeit gilt das in der Regel für die Zeitarbeitsfirma. Hierbei geht es um die konsequente Umsetzung der gesetzlichen Pflichten des Arbeitnehmerschutzes als Verleiher gemäß Strahlenschutzverordnung (StrlSchV n.F.) bzw. Strahlenschutzgesetz (StrlSchG).  

Bei doctari werden alle Zeitarbeitnehmende, die im Kontrollbereich fremder Röntgeneinrichtungen tätig werden, mit einem Dosimeter ausgestattet. Sabrina Osburg und Jennifer Bode sind als Strahlenschutzbeauftragte bei doctari die Herrinnen über Dosimeter und Excel-Tabellen. Sie gehören zum Team der Arbeitssicherheit und sorgen dafür, dass Gerät und Fachkraft rechtzeitig zueinander finden. Wir haben mit Sabrina gesprochen und sie zu ihrer Arbeit befragt. 

Würdest du dich bitte kurz vorstellen? 
Ich bin Sabrina Osburg, arbeite in der Abteilung Arbeitssicherheit. Ich bin für die Dosimetrie zuständig und bin auch Strahlenschutzbeauftragte.

Erzähl uns etwas über eure Aufgaben in der Dosimetrie. 
Unsere Aufgabe besteht darin, die Logistik der Dosimetrie für alle Fachkräfte sicherzustellen sowie das Führen der Strahlenpässe unserer Fachkräfte. Außerdem kommunizieren wir mit den zuständigen Aufsichtsbehörden.   

Was ist ein Dosimeter und warum ist es wichtig, dieses zu tragen?  
Ein Dosimeter ist ein Strahlenschutz-Messgerät. Dieses wird jedem Arzt, jeder Ärztin und jeder medizinischen oder pflegerischen Fachkraft, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit bei Entleihern in dortigen Kontrollbereichen Aufgaben übernimmt oder übernehmen könnte, jeden Monat zugesandt. Das Dosimeter ist nach Ablauf eines Monats bei der amtlichen Messstelle einzureichen. Das heißt, ein Dosimeter hat eine „Gültigkeit“ von einem Kalendermonat.
Das zugesandte Dosimeter wird von der Fachkraft in einen Trägerrahmen gesetzt, den man an die Kleidung klippen kann. Immer, wenn der oder die Mitarbeitende für uns in den Einsatz geht, muss das Dosimeter während des Dienstes getragen werden, zumindest bei den Aufgaben im Kontrollbereich. Am Monatsende muss das Dosimeter wieder an uns zurückgeschickt werden. All das dient der Sicherheit der Fachkraft, denn mit dem Dosimeter wird die Strahlendosis
(Anm. d. Red: gemessen in Millisievert), der sie ausgesetzt ist, gemessen. Bei mehr als 20 Millisievert im Jahr darf sie für keinen Arbeitgeber mehr im strahlenexponierten Bereich arbeiten. 

Jeden Monat verschickt doctari unzählige Dosimeter an alle Fachkräfte, die sie für ihre Arbeit brauchen

Jeden Monat verschickt doctari neue Dosimeter an die Fachkräfte, die sie für ihren Einsatz brauchen.

Hatten wir bei doctari schon mal solch hohe Werte?
Nein. Die Dosimeter haben in früheren Zeiten sicherlich auch höhere Werte gemessen, denn die Fachkräfte waren damals je nach Arbeitsbereich oder Tätigkeit durchaus höheren Dosen ausgesetzt, weil die Technik bei Weitem noch nicht so ausgefeilt war. Die Durchleuchtungszeiten sind heute sehr viel kürzer, die technischen Schutzmaßnahmen wirksamer. Die für doctari tätigen Fachkräfte erreichen in der Regel nicht mehr als 0,2 Millisievert. Lediglich in den Bereichen der interventionellen Radiologie können höhere Werte gemessen werden. Das ist aber sehr selten. Wenn überhaupt etwas gemessen wird, sind es 0,1 Millisievert. Für die überwiegende Zahl der Dosimeter teilt uns die amtliche Messstelle einen Wert von 0,0 Millisievert mit.

Das klingt doch gut. Was bedeutet das für die Fachkräfte? 
Es geht um ihre Gesundheit und wenn bestimmte Grenzen überschritten werden, müssen sie damit rechnen, nicht mehr in Strahlenschutzbereichen arbeiten zu können. Denn mit den Auswirkungen ionisierender Strahlung auf den Körper ist nicht zu spaßen. Wir wollen ja nicht, dass Menschen, die einen überwiegenden Teil ihres Berufslebens im Kontrollbereich tätig waren, durch diese Arbeit gesundheitliche Schäden davontragen. Diese Menschen haben sich dafür entschieden, anderen Menschen zu helfen. Deren Risiko, aufgrund ihres Berufes zu erkranken, wollen wir minimieren.

"Es ist ganz einfach: Dosimeter rein, zukleben, in den Postkasten werfen – mehr ist nicht zu tun."

Sabrina Osburg

Wer muss ein Dosimeter tragen?
Alle Personen, die üblicherweise im Kontrollbereich tätig werden, müssen mit amtlichen Dosimetern ausgestattet sein. Konkret sind das zum Beispiel Fachkräfte, die im OP arbeiten, wie AnästhesistInnen und Operateure oder ATA, OTA und Pflegefachkräfte. Es wird zwar nicht bei jeder Operation durchleuchtet, aber es könnte nötig sein. Wir wissen regelmäßig überhaupt nicht, bei welchen Operationen unsere Fachkräfte tätig werden. Aber alle Anwesenden im Operationsbereich könnten ionisierender Strahlung ausgesetzt sein, insbesondere auch ÄrztInnen, Pflegefachkräfte und technische AssistentInnen, die in Herzkatheter-Laboren, der Angiographie arbeiten oder in der Endoskopie. Dann haben wir natürlich die RadiologInnen und MTRA. Auch wenn die Radiologen meistens diejenigen sind, die draußen die Bilder auswerten, können auch sie im Einzelfall Strahlung ausgesetzt sein.

Wie viele Dosimeter hat doctari bereits verschickt?  
In den vergangenen Jahren waren das mehr als 12.000. 

Was passiert am Ende eines Monats mit den Dosimetern?   
Zum Ende des Monats, spätestens zum 3. Werktag des Folgemonats, müssen die Dosimeter an uns zurückgeschickt werden. Dafür nutzen die Fachkräfte die von uns gelieferten, frankierten Umschläge. Es ist ganz einfach: Dosimeter rein, zukleben, in den Postkasten werfen – mehr ist nicht zu tun. Ich schicke dann die Dosimeter bis zum 12. des Folgemonats an die amtliche Messstelle zurück. Die liest die Geräte aus und übermittelt uns die Werte einmal in Papierform und einmal elektronisch.

Wenn die Fachkräfte Fragen haben, wenden sie sich dann an euch?  
Ja, genau. Wir bemühen uns, sämtliche Fragen zum Dosimetrie-Management, aber auch zum beruflichen Strahlenschutz im Allgemeinen zu beantworten 

Was passiert, wenn ein Dosimeter verspätet oder gar nicht zurückgeschickt wird?  
Dann wird eine Verspätungsgebühr fällig. Wenn ein Dosimeter verloren geht, wird eine Verlustgebühr von der Messstelle erhoben. Und jedes nicht oder erheblich zu spät zurückgegebene Dosimeter wird der zuständigen Aufsichtsbehörde gemeldet. Das Gleiche gilt für beschädigte, also nicht auswertbare Dosimeter. Für verlorene oder nicht mehr auswertbare Dosimeter legt die Aufsichtsbehörde unter Umständen eine Ersatzdosis fest. Für die Errechnung dieser Ersatzdosis wird eine Gebühr erhoben, die vom Aufwand der Errechnung der Ersatzdosis abhängt. Diese beträgt je nach Bundesland und Aufwand zwischen 100 und 1.000 Euro.  

Liebe Sabrina, vielen Dank für das Gespräch! 

Das Thema Strahlenschutz und Dosimetrie ist bei doctari Teil des Bereiches Arbeitssicherheit. Das Team kümmert sich darum, dass unsere Fachkräfte sicher ihrem Beruf nachgehen können. Das Tragen und Verschicken der Dosimeter mag vielleicht ein bisschen aufwändig erscheinen, wir versuchen jedoch, unsere Fachkräfte hierbei so gut es geht zu entlasten und den Aufwand so gering wie möglich zu halten. Am Ende geht es um das höchste Gut: die eigene Gesundheit. 

Autor

Juliane Beckmann

Online-Redakteurin mit viel Erfahrung und seit 2019 Teil der doctari-Redaktion. Lernt gern dazu, mag Bindestriche und macht die Texte rund.

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