Aktuelle Zahlen

Weniger Auszubildende in der Pflege

Immer weniger Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung in der Pflege.
Sabine Stahl | 30.8.2023 | Lesedauer: 3 Minuten

Die Zahl der Pflege-Azubis ist im vergangenen Jahr gesunken. Das sind schlechte Nachrichten, denn schon jetzt gibt es zu wenig Pflegekräfte und der Bedarf steigt weiter.

Die Pflegebranche leidet schon lange unter einem anhaltenden Fachkräftemangel. Eine der politischen Gegenmaßnahmen war die Reform der Pflege-Ausbildung mit Start im Jahr 2020. Doch diese Neuerung zeigt – nach einem ersten Aufschwung während der Pandemie – nicht die gewünschte Wirkung. Statt mehr machen nun weniger Personen eine Ausbildung in der Pflege. Nach neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes starteten im vergangenen Jahr rund 52.100 Personen ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann. Im Vergleich zum Vorjahr 2021 sank die Zahl somit noch etwas stärker als sich im April bei der Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen andeutete – und zwar um 7 Prozent oder um 4.100 Azubis.

Die rückläufigen Zahlen bezeichnet Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) als „Drama“. Das gelte für die Pflegeeinrichtungen, insbesondere aber für Pflegebedürftige, deren Versorgung immer weniger gesichert sei. Laut Meurer fehlten schon jetzt zehntausende Pflegekräfte in Deutschland. Zusätzlich gingen viele bald in Rente. Schuld sei die Reform der Ausbildung, denn zuvor sei die Zahl der Auszubildenden zumindest in der Altenpflege von den Schuljahren 2009/2010 bis 2019/2020 um 62 Prozent gestiegen.

Lebenslanges Lernen und langfristige Strategien

Dem widerspricht der Deutsche Pflegerat (DPR). „Die generalistische Pflegeausbildung ist richtig und sie macht Sinn. Sie ist eine wesentliche Antwort darauf, die pflegerische Versorgung über alle Bereiche der Pflege hinweg nachhaltig zu sichern. Für die Absolvent*innen eröffnet sie Berufschancen in allen Versorgungsbereichen. Zudem ist der Berufsabschluss der generalistischen Pflegeausbildung international anerkannt“, sagt Christine Vogler, Präsidentin des DPR.

Statt die Schuld in der Reform zu suchen, müsse nach Ansicht von Vogler die professionelle Pflege in Deutschland insgesamt modernisiert werden. „Das Gesundheitssystem in Deutschland muss in lebenslanges Lernen investieren und Bildungswege für Pflegende durchlässig gestalten. Dazu bedarf es eines professionellen Pflegeverständnisses in allen Settings sowie auf allen Fach- und Führungsebenen und langfristiger Strategien zur Weiterentwicklung der Pflegebildung und Pflegewissenschaft,“ sagt Vogler.

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Fachkräftemangel in der Pflege

Unabhängig von den Ursachen der rückläufigen Zahlen ist eines klar: In Deutschland fehlt bereits jetzt eine große Zahl an Pflegekräfte und dieser Fachkräftemangel wird sich in Zukunft noch weiter verstärken. Zum einen, weil viele Pflegekräfte in Rente gehen oder aufgrund der hohen Belastung den Job verlassen oder ihre Arbeitszeit reduzieren. Zum anderen, weil immer mehr Menschen pflegebedürftig werden und der Bedarf an Fachkräften somit in Zukunft wachsen wird. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird laut der Pflegevorausberechnung von aktuell rund 5 Millionen auf etwa 5,6 Millionen im Jahr 2035 bzw. auf rund 6,8 Millionen weitere Pflegebedürftige bis 2055 klettern.

Karriere in der Pflege auch im mittleren Alter

Doch es gibt auch gute Nachrichten. Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamtes entschieden sich 2022 mehr Männer für den Pflegeberuf. Der Frauenanteil fiel demnach im Vergleich zu 2021 um zwei Prozentpunkte auf 74 Prozent. Zudem wird die Liebe zum Pflegeberuf recht untypisch oft erst im höheren Alter entdeckt. So starteten im vergangenen Jahr fast 4.000 Personen (7 Prozent) über 40 Jahre ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann. 11 Prozent der Neulinge waren immerhin zwischen 30 und 39 Jahre alt. Fast alle neuen Azubis absolvieren ihre Ausbildung in Vollzeit und nur 500 Personen nutzen die Möglichkeit, die Ausbildung in Teilzeit zu beginnen.

Titelbild: iStock.com/FatCamera

Autorin

Sabine Stahl

Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.

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