Weiterbildung Sozialmedizin

Mehr als nur ein Schreibtischjob

Die Weiterbildung Sozialmedizin befähigt FachärztInnen dazu, sozialmedizinische Zusammenhänge zu gesellschaftlichen Auswirkungen herzustellen. Die wichtigste Aufgabe der SozialmedizinerInnen ist dabei, das Erstellen von Gutachten. Alle Infos zur Weiterbildung stehen hier. 

Sozialmedizin: Was ist das?

Generell unterteilt sich die Sozialmedizin in die drei Bereiche: angewandte Sozialmedizin, Forschung und Lehre.

Angewandte Sozialmedizin

Im Bereich der angewandten Sozialmedizin arbeiten ÄrztInnen mit der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin in der Regel als Gutachter oder Gutachterin. Sie vermitteln zwischen PatientInnen, ihren BehandlerInnen und Sozialleistungsträgern wie Krankenversicherungen, Rentenversicherungen, Gesundheitsämtern und Rehabilitationszentren.

Im Rahmen dessen beurteilen die ÄrztInnen mit einer Weiterbildung in Sozialmedizin, welche Leistungen bei der gesundheitlichen Einschränkung für PatientInnen erforderlich sind. Die Fachärztinnen und Fachärzte klären, ob PatientInnen arbeitsunfähig sind und wie lange dieser Zustand andauern kann. Dazu schätzen sie ein, welche Rehabilitationsleistungen empfehlenswert sind, um den Gesundheitszustand der PatientInnen zu verbessern.

Auch die Dauer dieser Reha-Maßnahmen können Fachärztinnen und Fachärzte klären, ebenso wie die Feststellung beim Grad der Behinderung (GdB). Selbst bei weiteren Fragen wie Anspruch auf Arbeitslosengeld und Rente helfen ÄrztInnen mit der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin. Dabei verlassen sie sich nicht auf externe Expertisen, sondern führen selbst Untersuchungen für ihre anschließende Einschätzung durch.

Forschung

Fachärztinnen und Fachärzte mit der Weiterbildung Sozialmedizin arbeiten ebenso in der Forschung, zum Beispiel indem sie neue Konzepte der Versorgungsforschung erstellen. Dazu zählt die Versorgung von Menschen mit Mehrfachbehinderungen, chronisch Kranken und Flüchtlingen. Zudem ist die Sozialmedizin mit der Epidemiologie verbunden.

Lehre

Sozialmedizinerinnen und Sozialmediziner können auch in der Lehre tätig sein, wie bei Fortbildungen, in Schulungen und bei der ärztlichen Ausbildung im Medizinstudium. Hier gehört Sozialmedizin zu den Pflichtfächern. Einige Universitäten besitzen eigene Abteilungen und Institute, andere integrieren Sozialmedizin innerhalb der Bereiche Arbeitsmedizin, Medizinsoziologie oder anderen Fächern. Inhalte der Lehre sind meist gesellschaftliche Auswirkungen von Krankheit.

Weiterbildung Sozialmedizin

Um als FachärztInnen die Zusatzbezeichnung Sozialmedizin tragen zu dürfen, müssen InteressentInnen nach der Facharztanerkennung eine Weiterbildung nach Vorgaben der jeweiligen Landesärztekammern absolvieren. Eine bestimmte ärztliche Fachrichtung ist für die Weiterbildung Sozialmedizin nicht vorgeschrieben. Es gibt aber inhaltliche Überschneidungen mit den Bereichen Arbeitsmedizin, öffentlicher Gesundheitswesen, Hygiene- und Umweltmedizin, physikalische und rehabilitative Medizin und Rechtsmedizin.

Dauer der Weiterbildung Sozialmedizin

Die Weiterbildung zum Sozialmediziner oder zur Sozialmedizinerin dauert in der Regel mehrere Jahre und ist aufgeteilt in folgende Segmente.

  • 160 Stunden Grundkurs gemäß § 4 Abs. 8 in Sozialmedizin oder Rehabilitationswesen
  • 160 Stunden Aufbaukurs gemäß § 4 Abs. 8 in Sozialmedizin
  • 12 Monate bei einem Weiterbildungsbefugtem für Sozialmedizin

Meist werden die Kurse als Blöcke Grundkurs (A, B, C, D) und Blöcke Aufbaukurs (E, F, G, H) zu jeweils 40 Stunden angeboten, häufig auch als Doppelblöcke direkt hintereinander. Eine genaue Reihenfolge, wie die Blöcke unterrichtet werden sollen, gibt es nicht.

Der Inhalt der Blöcke richtet sich nach den jeweiligen Vorgaben. Häufig werden nichtmedizinische Fächer wie Soziologie, Sozialarbeit, Psychologie, Statistik, Recht und Gesundheitsökonomie mit den sozialmedizinschen Inhalten verknüpft. Das ist wichtig als Wissensgrundlage für spätere Gutachter.

Weiterbildung Sozialmedizin: Ausbildungsinhalte

Bei der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin zählen folgende Inhalte zur Ausbildung:

  • Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation
  • Leistungsarten und Leistungsformen mit Modellen von Prävention und Gesundheitsförderung
  • Organisationen und Institutionen in der Rehabilitation
  • Theoriemodelle der Rehabilitation und Grundlagen der internationalen Richtlinien und Empfehlungen zu Behinderung und Rehabilitation
  • Besuch von Einrichtungen, wie Rehabilitations-Zentren, Berufsförderungswerke, Einrichtungen der sozialen Rehabilitation

Arbeitsmedizinische Grundlagen

  • Aufgaben und Grundlagen der Arbeitsmedizin
  • Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Erkrankungen
  • Anforderungsprofile häufiger beruflicher Tätigkeiten
  • Beratung von Leistungsgewandelten im Zusammenhang mit beruflicher Tätigkeit

Sozialmedizinische Begutachtung

  • Grundlagen ärztlicher Begutachtung unter Berücksichtigung sozialmedizinisch relevanter leistungsrechtlicher Begriffe und Vorgaben
  • Trägerspezifische und trägerübergreifende Begutachtung
  • sozialmedizinische Begutachtung und Beratung für Sozialleistungsträger, für Privatversicherungen im Zusammenhang mit Fragen zur Arbeitsunfähigkeit, erwerbsbezogenes Leistungsvermögen, Teilhabeleistungen, Pflegebedürftigkeit,
  • sozialmedizinische Gutachtenerstellung mit Befragung/Untersuchung, nach Aktenlage, Stellungnahmen, Rehabilitationsentlassungsberichte
  • fallbezogenes Schnittstellenmanagement bei Zuständigkeitswechsel des Sozialleistungsträgers
  • Unterscheidung kausaler und finaler Gutachten
  • rechtliche Vorgaben bei der Erstellung von Gutachten mit Hinblick auf Datenschutz, Haftungsrecht, Mitwirkung des Versicherten, Aufbau und Zuständigkeit in der Sozialgerichtsbarkeit
  • Teilnahme an öffentlichen Sitzungen beim Sozialgericht oder Landessozialgericht, ein Tag

Beurteilungskriterien bei ausgewählten Krankheitsgruppen

  • Relevante diagnostische Verfahren für die Leistungsbeurteilung bei Krankheitsgruppen
  • Sozialmedizinische Beurteilung der Funktionsfähigkeit einschließlich Beratung von Versicherten und Leistungsträgern

Wo arbeiten FachärztInnen für Sozialmedizin?

FachärztInnen mit der Weiterbiludung Sozialmedizin können in Krankenhäusern und Unikliniken arbeiten, aber auch in ambulanten Rehabilitationszentren, Gesundheitsämtern, Versorgungsämter, Bundesagentur für Arbeit, medizinischer Dienst der Krankenversicherungen und Rentenversicherungen. Alternativ können die Sozialmediziner und Sozialmedizinerinnen in Arztpraxen tätig sein.

Gehalt: Was verdienen Fachärzte für Sozialmedizin?

Eine Weiterbildung mit der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin hat mehrere Vorteile: Der größte ist, dass SozialmedizinerInnen zumindest in Krankenhäusern nicht mehr im Schichtdienst arbeiten müssen. Bei der Bezahlung hat die Weiterbildung im Rahmen des Tarifgefüges keinen direkten Einfluss auf das Gehalt eines Sozialmediziners. Die Tarifverträge von Kliniken und Krankenhäusern richten sich in der Regel nach Titel und der Berufserfahrung.

So verdienen angestellte FachärztInnen für Sozialmedizin laut Tarifvertrag in kommunalen Krankenhäusern nach der Verleihung des Facharztitels rund 6.400 Euro brutto pro Monat. Je nach Berufserfahrung und Dauer der Anstellung klettert das Gehalt auf über 8.000 Euro pro Monat.

  • Stufe 1 (1. Jahr als Facharzt): 6.404 Euro
  • Stufe 2 (4. Jahr als Facharzt): 6.941 Euro
  • Stufe 3 (7. Jahr als Facharzt): 7.412 Euro
  • Stufe 4 (9. Jahr als Facharzt): 7.687 Euro
  • Stufe 5 (11. Jahr als Facharzt): 7.956 Euro
  • Stufe 6 (13. Jahr als Facharzt): 8.224 Euro

Bei FachärztInnen an Unikliniken liegt das Anfangsgehalt bei 6.518 Euro und steigert sich je nach Berufsjahr auf bis zu 8.224 Euro pro Monat. In privaten Praxen und Reha-Zentren lässt sich das Gehalt in der Regel verhandeln.

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Stand: Dezember 2022