Zusatzbezeichnung Notfallmedizin

Gewappnet für den Notfall

Fachärzte und Fachärztinnen benötigen für notärztliche Dienste in Deutschland die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, auch bekannt als Notarztschein. Was ein Notfallmediziner genau macht und welche Inhalte der Notarztkurs vermittelt, steht in folgendem Text.

Wann werden Notfallmediziner und -medizinerinnen gebraucht?

Die Notfallmedizin befasst sich mit der Behandlung akut eingetretener, unter Umständen lebensbedrohlicher Gesundheitsstörungen. Sie ist vor allem dann gefragt, wenn schnelles, gezieltes ärztliches Handeln über Leben oder Tod eines Menschen entscheiden kann.

Zu den medizinischen Notfällen gehört beispielsweise:

  • Bewusstlosigkeit
  • Herzstillstand
  • Herzinfarkt
  • Krampfanfall
  • akuter Atemnot
  • schweren Verletzungen
  • mehreren gleichzeitig erlittenen Verletzungen (Polytrauma)

Was machen NotfallmedizinerInnen?

Die Notfallversorgung umfasst allgemeine Aufgaben wie das Einleiten und Durchführen lebensrettender Maßnahmen zum Wiederherstellen oder Aufrechterhalten der lebensnotwendigen Vitalfunktionen. Hierzu gehört auch das Herstellen oder Bewahren der Transportfähigkeit des Patienten oder der Patientin. Eventuell sind Reanimation, Beatmung oder Medikamentengaben erforderlich.

Zusätzlich beinhaltet der Fachbereich Notfallmedizin die fachgerechte Betreuung und Behandlung der Notfallpatienten während des Transports in die Klinik.

Zur Diagnostik stehen Notfallmedizinerinnen und Notfallmedizinern verschiedene Apparate zur Verfügung. Sie können ein Elektrokardiogramm aufzeichnen, um die Herzfunktion zu überprüfen, mithilfe eines Pulsoxymeters den Sauerstoffgehalt des Blutes bestimmen und per Kapnometrie das ausgeatmete CO2 messen. Eine Messung des Blutzuckerspiegels ist ebenfalls möglich, um die Stoffwechsellage beurteilen zu können.

Notfallmediziner arbeiten üblicherweise außerhalb klinischer Einrichtungen. Sie werden gerufen, wenn es gilt, Menschen aus einer bedrohlichen Lage zu retten. Die Tätigkeit ist äußerst abwechslungsreich, aber mit einer sehr hohen Arbeitsbelastung verbunden.

Lange Dienste von mindestens 12, meist jedoch 24 Stunden sind die Regel. Es gibt keine geregelten Zeiten zwischen den Einsätzen und häufig kaum Erholungspausen. Sobald der Melder piepst, geht es sofort zum nächsten Notfall, auch wenn der vorherige gerade erst beendet ist.

Wo arbeiten Notfallmediziner?

Meist ist die Tätigkeit in der Notfallmedizin an einen Notarztstandort gebunden. Davon gibt es in Deutschland mehr als 1.000. Oftmals sind sie direkt an ein Krankenhaus anschlossen.

In diesem Fall wird der Notarztdienst für gewöhnlich durch Ärzte dieses Krankenhauses besetzt. Notfallmediziner können aber auch im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit auf Honorarbasis einzelne Dienste an unterschiedlichen Standorten abdecken.

Gehalt als Notfallmediziner

Es gibt kaum Ärzte, die ausschließlich als Notfallmediziner arbeiten. Dadurch lässt sich das Gehalt von Notärzten bzw. das Gehalt von Notärztinnen nur schwer beurteilen. Häufig sind Intensivmediziner und Anästhesisten zusätzlich als Notärztin oder Notarzt tätig und werden entsprechend ihres üblichen Gehalts bezahlt. Manchmal werden die Notfall-Einsätze aber auch extra vergütet.

Finanziell rechnet sich das Notarztdasein also in aller Regel nicht. Allerdings bietet es den Vorteil, bei Notfällen selbst entscheiden zu können, was zu tun ist. Stellt eine Hausärztin/ein Hausarzt mit dieser Zusatzbezeichnung beispielsweise bei einem Hausbesuch fest, dass ein Patient einen Herzinfarkt erlitten hat, braucht sie oder er keine Notfallmediziner herbeizurufen. Stattdessen alarmiert sie oder er den Rettungswagen und agiert selbst als Notärztin oder Notarzt.

 

NotfallmedizinerIn werden: Diese Voraussetzungen gelten

Ärztinnen und Ärzte, die in Deutschland die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin führen möchten, müssen eine reglementierte Zusatzweiterbildung absolvieren. Diese kann in den einzelnen Bundesländern variieren, da die Reglementierungshoheit den jeweiligen Landesärztekammern unterliegt.

Folgende Voraussetzungen sind zu erbringen:

Wer den Notarztschein machen möchte, muss in aller Regel die Facharztausbildung erfolgreich absolviert haben. Für einige Fachgruppen ist die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin sogar Pflicht, zum Beispiel für Anästhesisten. Es entschließen sich aber auch viele Hausärzte, Chirurgen und Internisten, einen Notfallmedizinkurs zu besuchen.

Die Gründe hierfür sind verschieden. Zum Teil besteht einfach Interesse an der Notfallmedizin. In einigen Fällen geht es aber auch darum, Notarztdienste zu besetzen, die anderenfalls vakant bleiben würden. In den meisten Bundesländern gelten für den Erwerb des Notarztscheins folgende Voraussetzungen:

  • eine 24-monatige Weiterbildung in der unmittelbaren Patientenversorgung bei einem Weiterbildungsbefugten in einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 (davon 6 Monate in der Intensivmedizin, der Notfallaufnahme oder der Anästhesiologie)
  • Teilnahme am 80-stündigen Notarztkurs gemäß § 4 Abs. 8
  • Teilnahme an 50 Einsätzen im Rettungsdienst (Rettungswagen oder Rettungshubschrauber) unter Anleitung einer Notärztin/eines Notarztes

Alle entsprechenden Tätigkeiten sind in einem Logbuch zu dokumentieren, das bei der Prüfungsanmeldung vorzulegen ist. Sämtliche Weiterbildungsfortschritte werden durch den zuständigen Notarzt regelmäßig überprüft.

 

Inhalte der Zusatzweiterbildung zum Notfallmediziner

Auf dem Lehrplan der Weiterbildung für die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin stehen medizinische Themen wie:

  • Atemwegsmanagement
  • Notfall-EKG-Diagnostik
  • kardiopulmonale Reanimation
  • endotracheale Intubation
  • Punktions- und Katheterisierungstechniken einschließlich Thoraxdrainage und Anlage zentralvenöser Zugänge
  • Notfallmedikation inklusive Sedierungs- und Analgesieverfahren
  • sachgerechte Lagerung von Notfallpatienten
  • Herstellen der Transportfähigkeit.

Hinzu kommen pädiatrische und gynäkologische Notfallsimulationen, Planspiele zur Bewältigung von Großschadenslagen und die technische Rettung von Personen aus Unfallfahrzeugen oder über Drehleiterkörbe in Kooperation mit der Feuerwehr. 

Darüber hinaus umfasst die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin noch organisatorische und einsatztaktische Inhalte. Zu den weiteren Themen, die in der Notarzt-Weiterbildung vermittelt werden, gehören Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen in folgenden Bereichen:

  • rechtliche und organisatorische Grundlagen des Rettungsdienstes
  • Einsatzarten (Primäreinsatz, Sekundäreinsatz, Infektionstransport, Neugeborenentransport, Interhospital- und Schwerlasttransport)
  • Aufgaben und Struktur von Leitstellen, Alarmierungswegen und Alarmierungsmitteln
  • Möglichkeiten der ambulanten Weiterversorgung durch Hausärzte, Sozialstationen, sozialpsychiatrische Dienste oder ambulante Palliativversorgung
  • Maßnahmen zum Schutz von Patienten und Dritten sowie zum Eigenschutz an der Einsatzstelle
  • Hygienemaßnahmen im Umgang mit infektiösen Notfallpatienten
  • Besonderheiten und Kontraindikationen bei der ambulanten notärztlichen Versorgung
  • Planen, Vorbereiten und Durchführen von Sekundärtransporten (auch unter intensivmedizinischen Bedingungen)

Notarztschein: Prüfungen und Kosten

Ist der Kurs für den Notarztschein abgeschlossen, können die angehenden Notfallmediziner die mündlich-praktische Prüfung zur Zusatzbezeichnung Notfallmedizin bei der jeweiligen Landesärztekammer ablegen. Abgefragt werden beispielsweise relevante notfallmedizinische Krankheitsbilder, Fakten zur Organisation des Rettungsdienstes sowie Rechtsgrundlagen. Zum Teil ist auch ein Praxisteil enthalten, zum Beispiel eine kardiopulmonale Reanimation an einer Trainingspuppe.

Der Notfallmedizinkurs kostet circa 1.000 Euro. Einige Kliniken übernehmen diese Kosten oder gewähren für die Kurswoche Sonderurlaub.

Wie sind die Karriereaussichten für NotfallmedizinerInnen?

Notärzte und Notärztinnen werden immer benötigt. Daher haben spezialisierte Notfallmediziner sehr gute Berufsaussichten. Der Beruf ist allerdings auf Dauer nicht zu unterschätzen, da er sowohl körperlich als auch psychisch eine große Herausforderung darstellt.

Mindestens alle zwei Jahre müssen die Angehörigen dieser Berufsgruppe außerdem einen zweitägigen fortbildenden Notarztkurs besuchen, um die Grundlagen aufzufrischen und gut auf Notfalleinsätze vorbereitet zu sein. Unabhängig davon ist es wichtig, das eigene Wissen immer aktuell zu halten und immer wieder an den neuesten medizinischen Stand anzupassen.

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Stand: September 2022