Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie

Arztberuf in Bewegung

Einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie lernt fast jeder im Laufe seines Lebens einmal kennen. Die Spezialisten behandeln Erkrankungen des Bewegungsapparates und kümmern sich um die Folgen von Unfällen. Aber sind der Orthopäde und der Unfallchirurg nicht eigentlich zwei verschiedene Fachärzte? Was sie verbindet und was sie unterscheidet, wird im Folgenden im Detail erläutert.

Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie: Aufgaben und Arbeitsgebiete

Die Fachärztin bzw. der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ist auf den menschlichen Stütz- und Bewegungsapparates spezialisiert. Die Tätigkeiten umfassen die Vorbeugung, das Erkennen, die Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Erkrankungen.

Unfallchirurgen werden im Volksmund hin und wieder „Knochenklempner“ genannt. Kein Wunder, denn das Wort Chirurgie leitet sich aus dem griechischen Wort „cheirourgos“ ab und bedeutet so viel wie „Handwerker“. Das wird dem hochkomplexen Berufsfeld allerding nicht gerecht.

Ein Orthopäde und Unfallchirurg muss sich nicht nur gut mit dem Bewegungsapparat auskennen, der Knochen, Sehnen und Muskeln umfasst. Der Facharzt muss im Notfall schnell entscheiden, denn landet eine schwerverletzte Person auf seinem Untersuchungstisch, muss er direkt einschätzen können, ob er den Patienten allein behandeln kann oder gegebenenfalls andere Fachrichtungen hinzuziehen sollte.

Bis 2005 waren der Facharzt für Orthopädie und der Facharzt für Unfallchirurgie zwei getrennte Fächer der Facharztausbildung in Deutschland. Dann wurden sie zu einer gebündelten Facharztausbildung zusammengefasst. Die Absolventen können in verschiedenen Spezialgebieten tätig werden. So gibt es zahlreiche Spezialisten für Handchirurgie oder für die Behandlung von Knieerkrankungen unter den Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie.

Wo arbeiten Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie?

Um zu bewerten, wo die Fachärztin bzw. der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am häufigsten tätig wird, muss man zunächst zwischen der Orthopädie und Unfallchirurgie unterscheiden. Spezialisierte Orthopäden findet man häufiger im ambulanten Bereich oder in einer eigenen Niederlassung. Dann arbeiten sie oft eher konservativ. Das heißt sie führen seltener Operationen durch und verschreiben stattdessen Medikamente, physikalische Maßnahmen oder Krankengymnastik und Chirotherapie. Unfallchirurgen arbeiten überwiegend in Krankenhäusern. Hier versorgen sie in den Rettungsstellen akute Notfälle oder führen geplante Operationen durch.

In Deutschland praktizieren insgesamt 16.128 Orthopäden sowie Unfallchirurgen. Frauen sind in orthopädischen Berufen bemerkenswert selten – nicht einmal 17 Prozent der Orthopäden und Unfallchirurgen sind weiblich. Knapp die Hälfte aller Fachärzte aus Orthopädie und Unfallchirurgie arbeitet im stationären Bereich (49,9 %). Im Vergleich mit anderen chirurgischen Arztberufen ist die Ambulanz überdurchschnittlich ausgeprägt (45,3 %) (Quelle Ärztestatistik, 2018, Bundesärztekammer).

Neben der Tätigkeit in Krankenhaus oder Praxis können Orthopäden und Unfallchirurgen in der medizinischen Forschung arbeiten. Die wird aufgrund des demografischen Wandels stetig wichtiger. Die fortschreitende Alterung der Bevölkerung geht mit einem erhöhten Bedarf an orthopädischer Expertise einher. Operationen an Hüfte, Knie und Wirbelsäule zählen zu den häufigsten Eingriffen, die mit hohen Kosten für das Sozialsystem verbunden sind.

Deswegen gibt es zahlreiche Bestrebungen, diese Operationen zu verbessern oder Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu verhindern. Wen also die forschende und wissenschaftliche Arbeit besonders reizt, der hat mit einem Facharzt in Orthopädie und Unfallchirurgie die besten Voraussetzungen.

Die Arbeit im Krankenhaus gilt durch Schichtdienste und Wochenendarbeit nur als bedingt familientauglich. Vielleicht entscheiden sich gerade deswegen viele Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie für die Selbstständigkeit oder eine Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum.

Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie werden: Ausbildung

Um Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu werden, muss eine sechsjährige Weiterbildung absolviert werden. Dazu gehört auch eine zweijährige Basisweiterbildung in der Chirurgie (Common Trunk). Zu dieser Grundausbildung gehört eine jeweils halbjährige Tätigkeit als Assistenzarzt in Intensivmedizin sowie Notaufnahme. Bis zu ein Jahr der Weiterbildung darf zum Kompetenzerwerb auch in einem anderen Fachgebiet erfolgen.

Allerdings ist hierzu anzumerken, dass es den Facharzt kombiniert in seiner jetzigen Form erst seit 2005 gibt und die Weiterbildungsordnung aktuell überarbeitet wird. Wer eine verbindliche Information zur jeweils geltenden Weiterbildungsordnung haben möchte, sollte sich an die zuständige Ärztekammer wenden, denn die ärztliche Fort- und Weiterbildung ist auf Länderebene durch die Kammern geregelt und kann sich somit von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.

Was verdienen Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie?

Das Gehalt eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie in einem öffentlich getragenen Krankenhaus unterscheidet sich aufgrund der tariflichen Eingruppierung nicht von dem anderer Kollegen. Enscheidend sind Berufserfahrung und Position. Hierfür gelten je nach Bundesland und beruflicher Position, die der Arzt in der Einrichtung einnimmt, folgende Sätze (brutto):

  • Assistenzarzt: 54.000-71.000 Euro
  • Facharzt: 70.000-92.000 Euro
  • Oberarzt: 88.000-106.000 Euro
  • Chefarzt: 102.000-122.00 Euro

Wenn ein Arzt außertarifliche Vergütungssätze mit dem Krankenhaus vereinbart, kann sein Gehalt von dem aufgeführten abweichen. Es unterliegt dann der Verhandlungsbasis.

Viele Orthopäden entschließen sich auch, eine eigene Niederlassung zu eröffnen oder sich in einem Traumazentrum anstellen zu lassen. Auch dann fällt der Verdienst in der Regel aus den tariflichen Vereinbarungen und ist einer entsprechenden Schwankungsbreite unterworfen. Zusätzlich steht den Orthopäden und Unfallchirurgen auch offen, in den zweiten Gesundheitsmarkt einzutreten. Dieser umfasst alle Leistungen, die nicht durch die gesetzlichen Krankenversicherer gedeckt werden und von Patienten privat bezahlt werden. Das kann sich über den Verkauf von Zusatzprodukten bis hin zu sogenannten IgeL (Individuelle Gesundheitsleistungen) erstrecken, womit gerade selbstständige Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie ihr Einkommen häufig erhöhen.

Spezialisierungen und Fortbildungen für Orthopädie und Unfallchirurgie

Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie muss ein weites Feld im Zuge seiner medizinischen Arbeit abdecken. Weil sich aber jeder Knochen und jedes Gelenk in Aufbau und Komplexität voneinander unterscheidet, gibt es verschiedene Spezialisten unter ihnen. Die einen fokussieren sich auf die Schulter, andere behandeln nur Hände. Hierzu gibt es bei den Berufsverbänden und Akademien zahlreiche Fortbildungsmöglichkeiten. Ebenso können Unfallchirurgen vergleichsweise einfach einen weiteren chirurgischen Facharzttitel erwerben, wenn sie die Basisweiterbildung Chirurgie absolviert haben. Diese lässt sich anerkennen und sich somit der zweite Facharzt hinsichtlich seiner Ausbildungszeit abkürzen.

Beliebt ist eine Fortbildung in Sportmedizin unter den Orthopäden und Unfallchirurgen, da sie naturgemäß einen engen Bezug dazu haben. Sie umfasst auch Bereiche, die über den Bewegungsapparat hinausgehen, wie zum Beispiel die Herzleistung eines Patienten oder die Kreislaufforschung. Damit ergänzen sich Orthopädie und Sportmedizin hervorragend, weil die Knochen-Spezialisten in der Notfallaufnahme häufig auch Sportverletzungen behandeln. Ebenso sind ärztliche Gutachten von großer Bedeutung für das Gemeinwesen. Deswegen gibt es zahlreiche Fortbildungen und Kurse zur unfallchirurgisch-orthopädischen Begutachtung für Fachärzte der Orthopädie und Unfallchirurgie

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