DAK-Pflegereport

Wenn Babyboomer-Pflegekräfte in Rente gehen, kippt die Lage

Eine ältere Pflegekraft mit grauen Haaren lächelt in die Kamera
Sabine Stahl | 8.4.2024 | Lesedauer: 3 Minuten

Wenn mehr Pflegekräfte in Rente gehen als neu ausgebildete nachkommen, wird es kritisch – und das passiert schon 2029, sagt die DAK.

Noch in diesem Jahrzehnt könnte in manchen Bundesländern der Kipppunkt in der Pflege erreicht werden. Laut dem aktuellen Pflegereport der DAK werden etwa in Bayern im Jahr 2029 mehr Pflegekräfte in den Ruhestand gehen als neue Fachkräfte den Beruf ergreifen.

Aber nicht nur Bayern ist von dieser Entwicklung bedroht, sondern trotz der teils großen regionalen Unterschiede betrifft das ganz Deutschland. Im Jahr 2025 gibt es eine rein rechnerische Reserve an Pflegefachkräften von mehr als 26.000 Fachkräften. Im Jahr 2027 schmilzt diese Reserve auf 11.752 Arbeitskräfte und bis 2030 weiter auf 5.619 Pflegekräfte. „Wir haben trotz guter Ausbildungszahlen keinen Puffer gegen die berufsdemografischen Dynamiken in der Pflege“, sagt Pflegeexperte und Studienleiter Prof. Thomas Klie.

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Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt massiv

Die Babyboomer sind geburtenstarke Jahrgänge, die in den kommenden Jahrzehnten in Rente gehen und große personelle Lücken hinterlassen werden. Das betrifft alle Berufsgruppen. Doch in der Pflege trifft diese Entwicklung auf gleichzeitig steigende Zahlen an Menschen, die auf Pflege angewiesen sind. „Wir schätzen, dass in den nächsten 25 Jahren rund 2,3 Millionen Menschen mehr als heute auf pflegerische Unterstützung angewiesen sein werden“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Thomas Klie.

Laut dem DAK-Pflegereport 2024 sind rund ein Drittel aller Pflegekräfte 50 Jahre alt oder älter. Mehr als 20 Prozent der Pflegenden erreichen bereits in den nächsten 10 Jahren das Rentenalter. In einzelnen Bundesländern wie etwa Bremen liegt der Anteil sogar bei 26,5 Prozent.

Zwar ist die Zahl der Auszubildenden in Deutschland stabil, dennoch kann ein so großer Anteil an Personal nicht von den nachkommenden Fachkräften ausgeglichen werden.

Der DAK-Pflegereport zeigt die häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit bei Pflegenden

Pflegekräfte sind häufiger krank als andere

Neben der demografischen Entwicklung hat die DAK auch die Krankschreibungen der eigenen Mitglieder ausgewertet und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Pflegeberufe mit dem Durchschnitt verglichen. Genau wie im Vorjahr auch zeigen die Zahlen, dass Pflegekräfte häufiger krank sind.

Am häufigsten treten Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems auf. Je 100 Versicherter verzeichnete die DAK im Jahr 2022 etwas mehr als 400 Krankheitstage. Bei den Pflegeberufen waren es weit mehr als 600 Tage. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei psychischen Erkrankungen. Hier stehen mehr als 300 Tage im Durchschnitt knapp 600 Tagen bei Pflegenden gegenüber.

Noch drastischer sind die Krankentage von älteren Pflegenden, vor allem aus dem Bereich der Altenpflege. Hier meldet die DAK einen Durchschnitt von rund 30 Fehltagen pro Versichertenjahr. Bei den Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pflegern liegt der Wert in den Jahren 2017 bis 2022 zwischen 40 und 50 Tagen. In der Altenpflege sind es teilweise fast 55 Tage.  

Mehr Kompetenzen für Pflegekräfte

Der DAK Pflegereport zeigt einmal mehr, vor welchen Herausforderungen die Gesellschaft steht. Doch welche Lösungen können zur Stabilisierung der Situation beitragen? Nach Ansicht von Kiel könnte es helfen, den Pflegekräften mehr Kompetenzen zuzusprechen, um ihre Fähigkeiten effizienter nutzen zu können. „Wir sind in der Lage, mit weniger, aber kompetenzorientiert eigensetzten Fachkräften effizientere Versorgungssettings zu schaffen und Prävention zu fördern. Dafür müssen die beruflich Pflegenden in ihrer Eigenständigkeit gestärkt werden. Ohne sie werden wir die gesundheitliche Versorgung in Deutschland nicht meistern“, sagt Klie.

Titelbild: iStock.com/Fly View Productions

Autorin

Sabine Stahl

Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.

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