Digitale Gesundheitsanwendungen

DiGas: Gesundheits-Apps auf Rezept

Eine Frau mit Diabetes kontrolliert ihren Glukosespiegel mit Hilfe einer App und einem Fernsensor.
Amely Schneider | 27.6.2023 | Lesedauer: 4 Minuten

Apps auf Rezept – seit 2019 ist das möglich. Doch bei welchen Krankheitsbildern können ÄrztInnen die sogenannten DiGas verschreiben und welche gibt es?

Definition: Was ist eine DiGa?

Apps können bei vielen Krankheitsbildern helfen. Die Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGas), wie sie offiziell heißen, sind CE-gekennzeichnete Medizinprodukte und unterstützen zum Beispiel beim Befolgen von Therapien, beim Erkennen von Krankheiten oder bei der Einnahme von Medikamenten. Teilweise helfen die Gesundheits-Apps den Patientinnen und Patienten dabei, im Alltag besser mit ihrer Krankheit klarzukommen, zum Beispiel bei psychischen Erkrankungen.

Seit dem Start des „Digitale Versorgungs-Gesetzes" (DVG) im Jahr 2019 dürfen Ärztinnen und Ärzte sowie PsychotherapeutInnen DiGas auf Rezept verschreiben, sofern die kleinen Programme eine Zulassung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) haben. Das Angebot an DiGas ist bislang überschaubar. Das Diga-Verzeichnis des BfArM umfasst aktuell 53 Anwendungen, von denen lediglich 18 dauerhaft gelistet sind.

Alle gelisteten DiGas sind auf Qualität, Funktionalität, Datenschutz und Datensicherheit geprüft. Im Verzeichnis selbst können ÄrztInnen nach unterschiedlichen Kriterien die passende DiGa suchen, etwa über die Diagnose nach ICD-10, nach Krankheitsbildern, Alter und Geschlecht der PatientInnen.

Ein Musterrezept für die DiGa sinCephalea

So könnte ein Rezept für eine DiGa aussehen.

Wie können DiGas verordnet werden?

Ist die passende medizinische App oder das passende browserbasierte DiGa-Programm im DiGa-Verzeichnis gefunden, kann ein klassisches Kassenrezept mit Verordnungseinheit und Pharmazentralnummer ausgestellt werden. Dieses wird anschließend von der Patientin oder vom Patient bei der Krankenkasse eingereicht.

Die Krankenkasse generiert einen Freischaltcode und liefert weitere Informationen etwa zum Download der DiGa-App. Bei einer bestehenden Diagnose können die PatientInnen auch selbst nach der passenden DiGa-App suchen und selbst einen Antrag bei der Krankenkasse stellen, um den nötigen Freischaltcode zu bekommen.

Welche DiGas gibt es?

Migräne: Auslöser für Schmerzattacken frühzeitig erkennen

Apps, die speziell für Migräne-Patientinnen entwickelt wurden, helfen dabei, die Auslöser für die Schmerzattacken frühzeitig zu erkennen. Das können zum Beispiel Wetterveränderungen oder andere äußere oder innere Einflüsse sein. Die Apps bieten eine Funktion, um den Verlauf von Migräne-Attacken und Spannungskopfschmerz zu dokumentieren. Daraus lässt sich nach einer Weile ablesen, unter welchen Voraussetzungen diese entstehen. Die Gesundheits-App macht Vorschläge, wie man rechtzeitig darauf reagieren und welche Gegenmaßnahmen man ergreifen kann.

Beispiele für Gesundheits-Apps bei Migräne:

  • sinCephalea zur Migräneprophylaxe
  • „Migräne-App“ mit Kopfschmerz-Coach (nur für Versicherte der Techniker Krankenkasse)
Die App sinCephalea hilft dabei, Migräne vorzubeugen.

Die App sinCephalea hilft dabei, Migräne vorzubeugen.

Diabetes: Blutzucker-Verlauf auf dem Handy dokumentieren

Apps für Diabetiker unterstützen dabei, Blutzuckerwerte zu messen, Broteinheiten zu berechnen oder halten Nährwerttabellen zum Lebensmittelcheck bereit. Die NutzerInnen können anhand von Diagrammen und Kurven ihren Blutzucker-Verlauf dokumentieren und Veränderungen erkennen. Bei manchen Apps lassen sich Blutzuckerwerte direkt vom Messgerät per Bluetooth oder Kabel übertragen. Doch nicht alle Apps sind empfehlenswert. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft vergibt ein Gütesiegel für Apps, die medizinisch korrekt funktioniert und zudem Datensicherheit und einfache Handhabung bietet. Das DiGa-Verzeichnis enthält folgende Apps:

  • „Vitadio“
  • „Hello better Diabetes“

Psychische Krankheiten: Ängsten in virtueller Realität begegnen

Die Zahl der Menschen mit psychischen Problemen wie Depressionen oder Angststörungen ist während der Corona-Pandemie noch einmal gestiegen. Viele Betroffene müssen jedoch mehrere Monate auf einen Therapieplatz warten. Gesundheits-Apps können dabei helfen, diese Zeit zu überbrücken, oder sie können eine laufende Therapie begleiten.

Bei Panikstörungen oder sozialen Phobien bieten die DiGas zum Beispiel Übungen in der virtuellen Realität, bei denen sich die Nutzer und Nutzerinnen mit Alltagsängsten konfrontieren, um diese zu überwinden oder zu mindern. Apps gegen Depressionen enthalten Übungen aus der kognitiven Verhaltenstherapie oder zeigen, wie man seinen Tag besser strukturieren kann. Präventiv wirken Apps, die sich der Bewältigung von Stress widmen – zum Beispiel indem sie Meditations- und andere Entspannungstechniken vermitteln.

Beispiele für DiGa-Apps:

  • „Invirto“ oder „novego“ bei Angststörungen
  • „SelfApys“, „Deprexis“ oder „edupression.com“ bei Depressionen
  • „vorvida“ begleitend zur Therapie von Alkoholsucht
Die App Invirto hilft bei Angstzuständen.

Die Gesundheits-App Invirto beispielsweise kann bei Angstzuständen verschrieben werden.

Rauchstopp: Alternativen für ungesunde Gewohnheiten finden

Rauchen erhöht das Risiko vieler Krankheiten wie Krebs, Schlaganfall oder Herzinfarkt. Mit speziellen Apps zur Rauchentwöhnung wollen Krankenkassen Raucher und Raucherinnen unterstützen, von Ihrer Sucht los zu kommen. Die Programme sind meist auf mehrere Wochen angelegt. In der Vorbereitung auf den Rauchstopp geben sie zunächst Impulse, die eigene Motivation zum Rauchen zu reflektieren und Ideen für Alternativen und neue Gewohnheiten zu entwickeln. Dazu halten sie Tipps bereit, wie man mit Stress umgehen kann, ohne zum Glimmstengel zu greifen oder wie man Gewichtszunahme nach dem Rauchstopp vermeidet.

Beispiel für DiGa-Apps:

  • „Smoke free“

Krebs: Unterstützung  und kleine Ziele im Alltag

Apps für KrebspatientInnen informieren über Ernährung, Sport und mentale Gesundheit und belgeiten die Betroffenen von der ersten Diagnose bis zur Nachsorge. Sie versuchen, die Nutzerinnen und Nutzer mit täglichen kleinen Zielen zu motivieren, bei Nebenwirkungen ganzheitliche Tipps zur Linderung zu geben oder zu zeigen, wie sie mit Angst und schwierigen Situationen umgehen können.

Beispiele für DiGa-App:

  • „Pink! Coach“ und „optimune“ bei Brustkrebs

Tinnitus: Besser mit dem Pfeifen im Ohr umgehen

Tinnitus-Apps trainieren einen gelasseneren Umgang mit dem Klingeln, Pfeifen und Rauschen im Ohr und sollen so die Lebensqualität der Betroffenen steigern. In verschiedenen Modulen und Lektionen geben sie Hinweise zum Umgang mit Konzentrationsschwierigkeiten oder anderen schwierigen Situationen im Alltag. Sie zeigen zum Beispiel, wie man trotz der nervenzehrenden Ohrgeräusche besser einschlafen kann.

Beispiele für DiGa-Apps:

  • „Meine Tinnitus-App“
  • „Kalmeda“
Die App Kalmeda hilft TinnituspatientInnen, mit ihrer Krankheit umzugehen.

Rückenschmerzen: Muskeln kräftigen mit Trainings-Videos

Apps gegen Rückenschmerzen sind nicht nur zur Prävention geeignet, sondern auch für Menschen, die schon seit Langem an unspezifischen Rückenschmerzen leiden. Sie enthalten meist kurze Trainingseinheiten in Form von Videos, die zwischen 10 und 30 Minuten dauern und sich so leicht in den Alltag integrieren lassen. Die Trainingseinheiten sollen die Muskulatur kräftigen, halten aber auch Atem- und Entspannungsübungen bereit. Manche Apps bieten die Möglichkeit, bei Fragen qualifizierte Coaches zu kontaktieren.

Beispiele für DiGa-Apps:

  • „Kaia Health“
  • „Vivira“  

Titelbild: iStock.com/dzika_mrowka

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Amely Schneider

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