Der Beruf Ergotherapeut

Handlungsfähigkeit bewahren durch Hilfe zur Selbsthilfe

Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen fördern die körperlichen und geistigen Fähigkeiten von Kindern, älteren und behinderten Menschen sowie von akut oder chronisch Erkrankten. Ihr Ziel besteht darin, die individuelle Handlungsfähigkeit im motorischen, kognitiven, sozialen und psychischen Sinne zu erhalten, zu verbessern oder wiederherzustellen. Dieser Artikel bietet einen Einblick in die Tätigkeit, die Ausbildung und den Verdienst.

Ergotherapeut: Aufgaben und Tätigkeitsfelder

Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten beraten und behandeln Personen jedes Alters, deren Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit durch eine Behinderung, eine Entwicklungsverzögerung oder eine physische oder psychische Erkrankung beeinträchtigt sind. Hierfür erarbeiten sie individuelle Therapiepläne und führen Behandlungen und präventive Maßnahmen durch.

Zu den Haupteinsatzgebieten von Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten zählen:

  • die Geriatrie und Pädiatrie
  • die Arbeitstherapie und Gesundheitsförderung
  • die Orthopädie, Rheumatologie und Traumatologie

Im Bereich der Geriatrie helfen Ergotherapeuten dabei, die Lebensqualität von körperlich, seelisch und geistig beeinträchtigten SeniorInnen zu verbessern. Sie regen ihre PatientInnen zu Bewegung an und fördern ihre Teilnahme an sozialen Aktivitäten. In Altenheimen organisieren sie beispielsweise Spiele, die das Gedächtnis der alten Menschen anregen. Zudem lassen sich durch gemeinsame Beschäftigungen wie Basteln oder Kochen die motorischen Fähigkeiten der SeniorInnen aufrechterhalten.

In der Pädiatrie tätige Ergotherapeutinnen und Ergtherpeuten fördern Kinder mit körperlichen, seelischen oder geistigen Entwicklungsdefiziten wie Störungen des Bewegungsapparates, Aufmerksamkeitsstörungen oder Lern- und Konzentrationsschwächen. Sie entwickeln speziell auf die jungen PatientInnen abgestimmte Konzepte, in die sie auch die Eltern und andere Bezugspersonen einbeziehen. Das Hauptziel in diesem Tätigkeitsfeld besteht darin, die Motorik, Koordination, Kommunikation und Wahrnehmung der Kinder zu verbessern und ihre Einbindung in den Kindergarten- oder Schulalltag zu fördern.

Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten im Bereich der Arbeitstherapie analysieren Arbeitsbedingungen in Unternehmen, um mögliche Stressfaktoren zu identifizieren. Eine weitere Aufgabe besteht darin, Verbesserungsmöglichkeiten bezüglich der Ergonomie am Arbeitsplatz aufzuzeigen, beispielsweise für Menschen mit eingeschränkter Motorik. Zudem unterstützen sie Personen, die längere Zeit arbeitsunfähig waren, beim Wiedereinstieg ins Arbeitsleben. Hierzu trainieren sie mit ihnen nötige Fähigkeiten wie Ausdauer, motorische Fertigkeiten, Konzentration und Zeitstrukturierung.

Ein weiteres Aufgabenfeld von Ergotherapeuten besteht in der Beratung von PatientInnen und Interessierten zu Themen wie Prävention und Gesundheitsförderung. Auch bieten Angehörige dieser Berufsgruppe auf spezielle Zielgruppen ausgerichtete Programme an, zum Beispiel spielerische Trainings, die die Lernfreude von Kindern fördern, oder Gedächtnistrainings für Senioren.

In den Bereichen Orthopädie, Rheumatologie und Traumatologie betreuen Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten Menschen mit Lähmungen, Amputationen oder degenerativen und traumatischen Störungen. Zum Beispiel lehren sie Personen, die einzelne Körperteile aufgrund einer Lähmung nicht mehr nutzen können, bestimmte Bewegungsabläufe anders auszuführen, etwa die andere Hand zu gebrauchen. Überdies helfen sie dabei, die Alltagsumgebung der Betroffenen an die gesundheitliche Situation anzupassen, beispielsweise durch eine ergonomische Ausstattung.

Arbeitsbedingungen und Arbeitsgegenstände in der Ergotherapie

Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten sind überwiegend in Krankenhäusern und Kliniken, Gesundheitszentren, sozialen Einrichtungen, Praxen für Ergotherapie oder pädagogischen Einrichtungen tätig. Sie besuchen ihre PatientInnen aber auch an deren Arbeitsplatz oder zuhause. Bei manchen Übungen haben sie engen Körperkontakt zu ihren Schützlingen. Für die Therapie verwenden sie Mal- und Bastelmaterial, Werkzeuge, Gymnastikbälle und Trampoline. Ein Großteil ihrer Arbeit besteht darin, PatientInnen bei gestalterischen oder handwerklichen Tätigkeiten anzuleiten oder motorisch-funktionelle Übungen mit ihnen auszuführen.

Häufig haben Ergotherapeuten Umgang mit alten, zum Teil demenzkranken Menschen, Kindern und Jugendlichen, Kranken und Verletzten oder Personen mit Behinderung. Hieraus können sich gefühlsmäßig belastende Situationen ergeben. Da die Behandlungen auf die speziellen Bedürfnisse der einzelnen PatientInnen ausgerichtet sind, wechseln Aufgaben und Arbeitssituationen häufig.

Ergotherapie-Ausbildung: Berufsfachschule oder Studium

Der Beruf der Ergotherapeutin oder des Ergotherapeuten empfiehlt sich vor allem für Menschen, die ein freundliches, offenes Wesen haben, geduldig sind, sich gut in andere hineindenken und gut beraten, überzeugen und motivieren können. Vorteilhaft sind kreative Begabung, handwerkliches Geschick und Spaß an Bewegung und Musik. Grundvoraussetzung für die Aufnahme der Ausbildung sind ein Realschulabschluss oder ein Hauptschulabschluss mit erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung.

Die Ausbildung zum Ergotherapeuten ist bundesweit einheitlich geregelt. Sie erfolgt an Berufsfachschulen in staatlicher oder privater Trägerschaft. Nach erfolgreich absolvierter Abschlussprüfung erhalten die AbsolventInnen die staatliche Anerkennung und dürfen fortan die Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ beziehungsweise „Ergotherapeut“ führen.

Einige Bildungsträger bieten die Möglichkeit zum dualen, ausbildungsintegrierten Studium der Ergotherapie an. Das bedeutet, dass die Auszubildenden zusätzlich zur berufsfachschulischen Ausbildung Seminare an einer Hochschule besuchen. Nach der erfolgreich absolvierten Abschlussprüfung folgen weitere Seminare, dann meist in Vollzeit, die zum Bachelorabschluss führen.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Ergotherapie grundständig zu studieren. Solche berufsqualifizierenden Studiengänge beinhalten zwei Abschlüsse. Nach einer staatlichen Prüfung im sechsten Semester erhalten die Studierenden die Erlaubnis zum Tragen der Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“. Zudem dürfen sie nach Ende des Studiums den Titel „Bachelor of Science“ führen.

Gehalt als Ergotherapeut

Das Gehalt einer Ergotherapeutin bzw. eines Ergotherapeuten richtet sich nach verschiedenen Faktoren. Im Fall einer Einstellung an staatlichen oder kirchlichen Einrichtungen gilt der TVöD-P mit festen Tarifen. Einsteiger erhalten hierbei üblicherweise 2.300 bis 2.400 Euro monatlich. Der Verdienst steigt mit zunehmender Berufserfahrung. Es besteht zudem die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen. Dafür sind jedoch weitere Qualifikationen und Zulassungen nötig. Der Verdienst mit einer eigenen Praxis kann deutlich höher ausfallen als im Angestelltenverhältnis.

Weiterbildungsmöglichkeiten Ergotherapie

Da sich die Ergotherapie in einem stetigen Veränderungsprozess befindet, ist es unverzichtbar, das eigene Wissen regelmäßig aufzufrischen und die individuellen Kenntnisse zu erweitern. Seit 2007 unterliegen niedergelassene Ergotherapeuten mit eigener Kassenzulassung sowie fachliche Leitungen zugelassener Einrichtungen einer Fortbildungspflicht . Um dieser nachzukommen, müssen sie innerhalb von vier Jahren mindestens 60 Fortbildungspunkte in anerkennungsfähigen Veranstaltungen erwerben.

Die Bandbreite für Weiterbildungen im Bereich der Ergotherapie ist groß. Interessante Abschlüsse wären beispielsweise Fachwirt im Gesundheits- und Sozialwesen oder Betriebswirt für Sozialwesen.

Darüber hinaus bieten sich Seminare und Lehrgänge zu folgenden Themenfeldern an:

  • Musiktherapie
  • Kommunikation
  • Gesundheitstraining
  • Bewegungstherapie

Einige Hochschulen bieten Ergotherapeuten die Gelegenheit, Studiengänge wie Ergotherapie, Heilpädagogik, Therapiewissenschaft, Gesundheitsmanagement oder Sonderpädagogik berufsbegleitend zu absolvieren und damit einen international etablierten Hochschulabschluss zu erwerben.

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Stand: August 2021