Positiv Denken

So kommt man raus aus der Jammerfalle

Raus aus der Jammerfalle: wer ständig meckert, kann krank und einsam werden.
Amely Schneider | 29.4.2025 | Lesedauer: 4 Minuten

Auch wenn es viele Gründe dafür gibt: Meckern erleichtert nur kurzfristig, auf Dauer schadet es einem selbst und anderen. Sechs Auswege aus der chronischen Unzufriedenheit.  

Jammern schweißt zusammen

Wer im Krankenhaus arbeitet, hat mitunter öfter Grund zur Klage. Zeitnot, lange Schichten, Mangel an Pflege- und Fachpersonal, unzufriedene Patientinnen und Patienten – all das sorgt für Stress und Frust bei Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten. Hinzu kommen manchmal noch starre Hierarchien oder ökonomische Vorgaben, die einem das Gefühl geben, selbst nichts an bestimmten Umständen ändern zu können. Das frustriert.

Da kann es durchaus guttun, seinem Ärger mal Luft zu machen. Den Frust ständig herunterzuschlucken, kann auf Dauer schließlich auch die Seele belasten. Zudem dient Jammern manchmal als soziales Schmiermittel. Klagt man mit Kolleginnen und Kollegen gemeinsam über die Situation, fühlt man sich verbunden. Jammern schweißt zusammen.

Ständiges Jammern kann krank und einsam machen

Was kurzfristig hilft, schadet jedoch langfristig. Vor allem dauerhaftes Jammern ohne Aussicht auf Veränderung führt zu Frustration und kann sogar krank machen. Es raubt Energie und Kraft, macht bitter und zynisch und manchmal sogar depressiv. Wer sich ständig über andere Pflegekräfte oder über andere Ärzte ärgert, hat ein erhöhtes Stresslevel, das zum Beispiel Herz-Kreislauf-Probleme begünstigt.

Zudem kann Jammern auch einsam machen. Viele meiden Menschen, die sich ständig beschweren oder wenden sich von ihnen ab. Dauernörgelnde Kolleginnen und Kollegen auf Station ziehen die anderen runter und können zur Belastung für das ganze Team werden.

Dauer-Meckern lässt die Unzufriedenheit weiter wachsen

Die Wissenschaft weiß: Wer ständig klagt, trainiert sein Gehirn auf negative Gedanken. Positives wird irgendwann gar nicht mehr registriert. Die Wahrnehmung richtet sich mehr und mehr auf alles aus, was nicht funktioniert. Ein Teufelskreis. Je pessimistischer man denkt, desto schlechter erscheint die Welt.

Die Psychologie nennt es „Negativity Bias“. Dahinter steckt das Phänomen, dass sich negative Emotionen stärker auf unseren psychischen Zustand auswirken als positive. Auch wenn gute und schlechte Ereignisse die gleiche Intensität haben, bleiben negative Erlebnisse stärker im Gedächtnis. So merken wir uns Beleidigungen eher als Komplimente. Misserfolge prägen sich mehr ein als Erfolge. Man nimmt an, dass dieses Verhalten evolutionäre Gründe hat. Besonders aufmerksam gegenüber potenziellen Bedrohungen und Gefahren zu sein, hat unseren Vorfahren geholfen, ihr Überleben zu sichern.

Negative Gedanken verändern das Gehirn

Forschende der US-amerikanischen Standford University fanden außerdem heraus: Chronische Unzufriedenheit verkleinert den Hippocampus, eine Region in unserem Gehirn, die für das Gedächtnis verantwortlich ist. Chronische Unzufriedenheit macht also vergesslich. Sogar Demenz könne sie begünstigen, berichten die Wissenschaftler.

Es ist jedoch möglich, sein Verhalten bewusst zu reflektieren und aktiv auf sich selbst und sein Gehirn einzuwirken. Entscheidend ist dabei, nicht im pessimistischen Denken stecken zu bleiben, sondern die Jammerei in produktive Bahnen zu lenken.

Diese Maßnahmen können Pflegekräften oder ÄrztInnen aus der Jammerfalle helfen

1. Auf die eigene Sprache achten

Der erste Schritt zu mehr Zufriedenheit kann in einer achtsameren Sprache liegen. Dabei geht es nicht darum, alles schön zu reden, sondern die Dinge differenzierter und präziser auszudrücken. Zum Beispiel: „Heute ist es stressig hier, weil viele Pflegekräfte oder Ärzte krank sind“ statt „Wie immer läuft hier alles schief.“ Vor allem Schwarz-Weiß-Malerei und Verallgemeinerungen, in denen die Worte „immer“ und „nie“ vorkommen, sollten hinterfragt und vermieden werden.

2. Selbstreflexion ist der erste Schritt zur Besserung

Eine kühle Analyse des eigenen Arbeitsalltags auf Station ist die Grundlage für mögliche Veränderungen. Welche Situationen führen am meisten zu Unzufriedenheit? Worüber jammere ich oder andere im Team besonders oft? Gibt es Muster? Was sind häufige Auslöser? Kann man das für sich selbst klar beantworten, lässt es sich auch besser kommunizieren und möglicherweise verbessern.

Achtsamkeit im medizinischen Berufsalltag
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3. Lösungsorientiertes Denken trainieren

Auch kleine Veränderungen können viel bewirken. Man sollte sich deshalb regelmäßig etwas Zeit nehmen, um sich zu fragen: Was kann ich konkret tun, um meine Situation zu verbessern? Dazu gehören auch regelmäßige Gespräche mit Vorgesetzten wie der Pflegedienstleitung oder dem Oberarzt, die Fähigkeit Hilfe und Unterstützung einzufordern oder neue Routinen vorzuschlagen. Manchmal kann es auch helfen zu erkennen, dass man bestimmte Dinge einfach nicht ändern kann. Akzeptanz kann zu mehr innerer Ruhe beitragen. Darüber hinaus ist es auch wichtig, seine Freizeit so zu gestalten, dass sie Ausgleich zum stressigen Arbeitsalltag bietet.

4. Wertschätzung im Team pflegen

Ein wertschätzender Umgang ist für die Stimmung im Team sehr wichtig. Das fängt bei jedem selbst an. Ein paar nette Worte und ein freundlicher Umgangston können zu einem besseren Arbeitsklima beitragen. Insbesondere Führungskräfte spielen hier eine entscheidende Rolle. Auch sie sollten nicht nur betonen, was nicht klappt, sondern auch regelmäßig die Stärken des Teams hervorheben. Eine offene Gesprächskultur hilft schlechter Stimmung bereits im Vorfeld vorzubeugen.

5. Den richtigen Ton treffen

Nicht gleich rumschreien: Emotionen wie Ärger, Unzufriedenheit oder Wut können auf unterschiedliche Weise geäußert werden. Es kommt auf den richtigen Ton an. Man sollte sich nicht verletzend äußern und möglichst konstruktiv bleiben, indem man Lösungsvorschläge oder mögliche Ziele formuliert. Dabei ist es besser „Ich-Botschaften“ zu senden als „Du-Botschaften“, wie zum Beispiel: „Ich brauche mehr Unterstützung“ statt „Ich arbeite viel mehr als du.“

6. Durch Bewegung und Entspannung Stress abbauen

Ein erhöhtes Stresslevel lässt sich durch Achtsamkeitsübungen senken, auch Atem- und Entspannungstechniken wie die Progressive Muskelentspannung können helfen. Zudem unterstützt Sport dabei, Stress abzubauen und dem Arbeitsalltag gelassener entgegenzutreten.

Raus aus der Jammerfalle mit professioneller Hilfe

Manchmal schafft man es nicht alleine, etwas gegen seine Unzufriedenheit zu tun. Wer sich im Job überfordert fühlt und merkt, dass er schon längere Zeit sehr negativ ist, sollte auch nicht zögern, sich gegebenenfalls professionelle Hilfe bei einem Therapeuten zu suchen.

Titelbild: iStock.com/iStock.com/designer491

Autor

Amely Schneider

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