Der Kollege kommt ständig zu spät? Die neue Pflegefachkraft hält sich nicht an Absprachen? Die junge Ärztin vernachlässigt die Dokumentation? Der Assistenzarzt vergreift sich im Ton? Wenn Kolleginnen oder Kollegen sich falsch verhalten, fällt es den meisten Menschen schwer, sie direkt auf dieses Fehlverhalten anzusprechen. Schließlich möchte man an seinem Arbeitsplatz keinen Streit. Das gilt erst recht, wenn das Arbeiten im Team essenziell ist, so wie im Krankenhaus oder einer anderen medizinischen Einrichtung. Doch ohne das gefürchtete Gespräch wird sich am Verhalten der KollegInnen nichts ändern. Was also tun? Wir verraten es mit unseren fünf Tipps für konstruktives Kritisieren von KollegInnen:
1. Zeitpunkt und Ort sind wichtig
Kritik trägt man am bestem mit kühlem Kopf vor, anstatt in einer Situation, in der die Emotionen gerade hochkochen. Denn in solchen Momenten steuern Gefühle das Gespräch – das kann schnell verletzend und unsachlich werden. Denn wer gefrustet, wütend oder verletzt ist, sagt manchmal Dinge, die mit der kritisierten Person eigentlich nichts zu tun haben. Auch wenn es nach einer Binsenweisheit klingt: Am besten ist es, eine Nacht abzuwarten und in Ruhe über die Situation nachzudenken. Am nächsten Tag hilft es, die Gedanken zu sortieren und dann den Kollegen oder die Kollegin in aller Ruhe um ein Gespräch zu bitten.
2. Nicht bloßstellen
Wer eine Kollegin oder einen Kollegen kritisieren möchte, sollte das Gespräch an einem ruhigen Ort und unter vier Augen führen. Damit jemand Kritik annimmt, ist es wichtig, dass er sein Gesicht wahren kann. Keiner sollte vor anderen KollegInnen oder gar vor PatientInnen kritisiert werden. Leider passiert es im hektischen Klinik- oder Pflegealltag aber doch, dass jemand unter Zeitdruck vor versammelter Mannschaft in scharfem Ton gemaßregelt wird. In so einem Fall hilft ein offene und ehrliche Entschuldigung. Generell sollte das Ziel eines Gesprächs niemals sein, jemanden bloßzustellen oder seine Macht zu demonstrieren.
3. Mit der richtigen Haltung ins Gespräch
Negatives Feedback immer sachlich und in höflichem Ton vortragen. Beim Äußern von Kritik an KollegInnen geht es nicht darum, die Persönlichkeit zu kritisieren, sondern ein bestimmtes Verhalten. Auch wenn man sich sehr geärgert hat, hilft es, sich vor dem Gespräch klarzumachen: Jeder macht Fehler. Niemand ist perfekt. Diese Haltung stimmt milder und das wirkt sich sofort auf den eigenen Ton aus. Sanft und respektvoll vorgetragene Kritik erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass diese auch angenommen wird und sich im Anschluss etwas ändert. Reagiert der kritisierte Kollege hingegen mit Ablehnung, bleibt das Problem bestehen.
Wer Kritik an Kollegen und Kolleginnen äußert, sollte das in einem milden Ton und mit Respekt tun.
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4. Gewaltfreie Kommunikation
Damit die Kritik an der Kollegin oder dem Kollegen im Rahmen eines guten Gesprächs vorgebracht wird, kann man sich an den Techniken der gewaltfreien Kommunikation orientieren, die der US-Psychologe Marshall B. Rosenberg entwickelt und als Mediator immer wieder angewendet hat. Er empfiehlt in einem ersten Schritt, seine Beobachtungen konkret und sachlich wiederzugeben („Mir ist aufgefallen, dass ...“). Anschließend sollte man formulieren, welche Gefühle diese Situation in einem ausgelöst hat („Ich war darüber traurig ...“, „Ich bin dadurch sehr gestresst ...“) und welche eigenen Bedürfnisse damit verbunden sind („Ich kann weniger Pause machen ...“, „Ich fühle mich bei der Arbeit unwohl ...“). Der Vorteil: Die eigenen Gefühle können von niemandem in Frage gestellt werden. Am Ende formuliert man aus seiner Kritik heraus einen konkreten Wunsch oder eine Bitte („Ich wünsche mir für die Zukunft, dass ...“).
5. Ich-Botschaften senden
Kritik wird oft besser angenommen, wenn sie in „Ich-Botschaften“ statt in „Du-Botschaften“ verpackt ist. Statt „Du kommst jeden Morgen zu spät“ könnte man auch sagen: „Ich muss jeden Morgen auf dich warten.“ Es ist sinnvoll, sich auch in den anderen hineinzuversetzen und Verständnis für ihn zu zeigen („Ich verstehe, dass du viel Arbeit hast, aber ...“). Vermeiden sollte man Pauschalisierungen wie „Immer machen Sie“ oder „Nie sind Sie ...“. Anschuldigungen oder Vorwürfe, die man nur von Dritten gehört hat, sollte man nicht zitieren. Der andere sollte außerdem immer die Möglichkeit bekommen, die Situation aus seiner Sicht zu schildern.
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Fazit: Kritik kann alle weiterbringen
Auch wenn niemand gerne kritisiert wird und oft Kritik auch nicht äußert: Konstruktives Feedback ist ein Gewinn und hilft dabei, sich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig ist das Äußern von Kritik an Kollegen wichtig für eine gute Teamkultur. Es lohnt sich also, auch mal ganz allgemein mit Vorgesetzten und KollegInnen darüber zu sprechen, nach welchen Regeln Kritik im Arbeitsalltag geäußert werden sollte – so, dass sie alle weiterbringt.
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