Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) fordert eine Verschärfung des Strafrechts zum besseren Schutz von Ärztinnen, Ärzten, Pflegefachkräften und anderem medizinischen Personal. „Diejenigen anzugreifen, die anderen helfen, ist absolut inakzeptabel. Hier muss der Rechtsstaat entschlossen durchgreifen“, sagte die Politikerin am Sonntag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Unterstützt wird Warken bei diesem Wunsch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bundesärztekammer.
Ein Signal setzen gegen die wachsende Gewalt
Ein konkreter Gesetzesentwurf liegt derzeit noch nicht vor. Das Bundesjustizministerium hat keine offizielle Gesetzesinitiative angekündigt. Bislang handelt es sich lediglich um politische Forderungen und Debattenbeiträge. Nina Warkens Forderung soll vor allem ein gesellschaftliches Signal senden: Gewalt gegen medizinisches Personal ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Angriff auf die Grundlage einer funktionierenden Versorgung.
Ähnliche Forderungen gab es schon Ende 2024, damals unter anderem von Bundesjustizminister Marco Buschmann. Der Grund dafür waren die stetig wachsende Zahl an Gewalt und Aggressionen gegenüber dem medizinischen Personal in Krankenhäusern. Die geplanten Änderungen wurden jedoch von der damaligen Regierung nicht mehr durchgesetzt.
"Die zunehmende Gewalt im Gesundheitswesen ist ein alarmierendes Zeichen für die wachsenden Herausforderungen, denen sich Fachkräfte täglich stellen müssen."
Prof. Dr. Cai‑Nicolas Ziegler, CEO von doctariProf. Dr. Cai‑Nicolas Ziegler, CEO von doctariProf. Dr. Cai‑Nicolas Ziegler, CEO von doctari
Gewalterfahrungen aus Sicht der Einrichtungen
Dass mehr Schutz für Klinikmitarbeitende nötig ist, zeigt auch eine Umfrage, die doctari im Zeitraum vom 5. November bis 16. Dezember 2024 unter 54 Kliniken und Einrichtungen durchgeführt hat:
- 92 % der Einrichtungen meldeten im vergangenen Jahr Gewaltvorfälle
- 76 % der Einrichtungen verzeichneten zwischen 11 und 50 Vorfälle, 11 % zwischen 51 und 100
- 61 % der befragten Kliniken verfügen mittlerweile über ein eigenes Gewaltpräventionskonzept
- 70 % setzen regelmäßige Schulungen ein, 57 % Deeskalationstrainings, jedoch nur 35 % bauliche Sicherheitsvorkehrungen und 22 % Sicherheitsdienst.
- Im Bereich Nachsorge bieten 69 % der Einrichtungen Kriseninterventionen, 57 % Supervision, 48 % Rückkehrgespräche – aber lediglich 18 % rechtliche Beratung für Betroffene.
Mehr Informationen zu dem Thema Gewalt in Kliniken bietet unser begleitendes Whitepaper. Es beleuchtet, wie Kliniken mit dem Thema Gewalt umgehen, welche Schutzmaßnahmen bereits etabliert sind und wo noch Entwicklungsbedarf gesehen wird. Ziel ist es, Einrichtungen bei der Weiterentwicklung bestehender Strukturen zu unterstützen – im engen Dialog mit denjenigen, die tagtäglich Verantwortung tragen.
Lesen Sie alle Umfrage-Ergebnisse in unserem Whitepaper.
Der vorhandene Schutz reicht noch nicht
Gewalt gegen medizinisches Personal ist längst kein Randphänomen mehr: 92 % der befragten Einrichtungen verzeichnen regelmäßig entsprechende Vorfälle. Zwar sind in vielen Häusern bereits Präventions- und Nachsorgemaßnahmen etabliert – etwa Schulungen, Deeskalationstrainings oder psychosoziale Unterstützung – doch es bestehen weiterhin deutliche Lücken, insbesondere beim baulichen Schutz und bei der rechtlichen Beratung für Betroffene.
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