Studie: „Ich pflege wieder, wenn…“

Neue Arbeitsbedingungen = 300.000 neue Pflegekräfte

Pflegende üben ihren Beruf meist mit viel Herzblut aus
Sabine Stahl | 5.5.2022 | Lesedauer: 3 Minuten

Mehr Zeit und mehr Gehalt – wenn sich an den Rahmenbedingungen in der Pflege etwas ändert, würde ein Großteil der ausgestiegenen Pflegefachkräfte in ihren Beruf zurückkehren. Das hat eine neue Studie ergeben.

Deutschland benötigt dringend Pflegekräfte, sei es im Krankenhaus oder im Pflegeheim. So weit, so bekannt. Nun zeigt die Studie „Ich pflege wieder, wenn…“ der Arbeitnehmerkammer Bremen, dass es in Deutschland eine große Zahl an Pflegefachkräften gibt, die gerne (mehr) arbeiten würden. Rein rechnerisch gibt es laut der Erhebung rund 300.000 Vollzeit-Pflegekräfte. Allerdings hängt an ihrer Bereitschaft ein großes „Wenn“, wie die Studie deutlich macht.

Wer in der Pflege arbeitet, macht das in der Regel aus Leidenschaft und mit viel persönlichem Engagement. Doch wenn kaum Zeit für die Patienten bleibt, kann aus Leidenschaft Leidensdruck werden. Zu wenig Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen verschlechtert die Arbeitsbedingungen. Das führt zu weiteren Kündigungen und dazu, dass die Zurückgebliebenen noch mehr Druck aushalten müssen. Ein Teufelskreis.

Mitarbeiter eines Krankenhauses legen ihre Hände übereinander.

Damit Pflege Spaß macht, müssen die MitarbeiterInnen zusammenhalten

500.000 Fachkräfte gehen in den nächsten Jahren in Rente

Die Situation in Krankenhäusern und Pflegeheimen könnte sich nochmals deutlich verschlechtern, da nach Angaben von Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer Bremen, in den nächsten zehn Jahren 500.000 Pflegefachkräfte in Rente gehen werden. Gleichzeitig wächst der Bedarf an Pflegenden aufgrund des stetig größer werdenden Anteils an alten Menschen in der Bevölkerung.

„Es muss uns zeitnah gelingen, Pflegekräfte zu gewinnen. Das ist eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen dieser Zeit“, sagt Heyduck. Doch woher soll das dringend benötigte Personal kommen? Darauf liefert die Studie „Ich pflege wieder, wenn…“ eine mögliche Antwort. Bei der Online-Umfrage gaben rund 30 Prozent der Teilzeitkräfte an, ihre Stundenzahl auf keinen Fall erhöhen zu wollen. Das heißt im Umkehrschluss, für rund 70 Prozent sind mehr Arbeitsstunden zumindest eine Option, für 21,4 Prozent ist dies sogar sehr wahrscheinlich.

Von den Pflegekräften, die in den vergangenen Jahren komplett aus der Pflege ausgestiegen sind, schließen 11,8 Prozent eine Rückkehr aus. Somit ist ein Wiedereinstieg für rund 88 Prozent eine Option und für 21,2 Prozent sogar sehr wahrscheinlich. Hochgerechnet ergibt sich laut der Studie ein Potenzial von 300.000 Vollzeit-Äquivalenten, konservativ gerechnet. Optimistisch gerechnet sollen es laut der Arbeitnehmerkammer Bremen sogar mehr als 600.000 Vollzeitkräfte sein.

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Mehr Zeit, mehr Geld

Die Ergebnisse der Stimmungsabfrage zeigen vor allem eines: Ein Großteil der Pflegefachkräfte arbeitet gerne oder würde gerne mehr arbeiten. Allerdings nur dann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Die Fachkräfte kehren nach eigener Aussage nur dann zurück in ihren Beruf oder stocken ihre Arbeitszeit auf, wenn sich an der aktuellen Situation etwas ändert. Auf Platz eins der Änderungswünsche rangiert „mehr Zeit“. Die Pflegefachkräfte wünschen sich mehr Zeit für ihre Patienten und Patientinnen. Das kann nur mit einem besseren Personalschlüssel in der jeweiligen Einrichtung erreicht werden.

Der zweitwichtigste Punkt aus Sicht der Befragten ist das Gehalt, das steigen müsste, damit sie in die Pflege zurückkehren. Fast genauso wichtig sind den Teilnehmern und Teilnehmerinnen verlässliche Arbeitszeiten, gefolgt von mehr Wertschätzung und einer Tarifbindung.

Das wünschen sich Pflegekräfte:

  • Mehr Zeit für die zu Pflegenden
  • Mehr Geld
  • Verlässliche Dienstpläne
  • Mehr Wertschätzung
  • Tarifbindung
  • Fachliche Aufstiegsmöglichkeiten
  • Während der Arbeitszeit Erlebtes psychisch verarbeiten zu können 
  • Betriebliche Interessensvertretung

Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen 

Selbstbestimmtes Arbeiten dank Zeitarbeit

"Auch wir hören diese Wünsche immer wieder", sagt Susanne Grube, Leitung des Vertriebs im Bereich Pflege bei doctari. "Insbesondere Wertschätzung, ein angemessenes Gehalt und verlässliche Dienstpläne sind die Hauptkriterien unserer MitarbeiterInnen. Und zu verlässlichen Dienstplänen gehört, dass man mal länger Urlaub nehmen kann und nicht bei Engpässen sofort zurück in den Dienst gezogen wird. Nur so lässt sich der Beruf auch mit der Familie und einem zufriedenen Leben vereinbaren."

Auch Arnhild Tontsch kennt die Probleme, die das Stimmungsbarometer zeigt: Die Intensivpflegerin liebt ihren Beruf, hätte ihn aber beinahe für immer aufgegeben, wäre da nicht die Zeitarbeit mit mehr Geld und einer besseren Work-Life-Balance gewesen. „In meiner letzten Anstellung auf einer Intensivstation habe ich zum Teil 16 Tage durchgearbeitet“, sagt Tontsch im Interview mit doctari. „Auf den Dienstplan wurde hier nicht mehr eingegangen. Ich wurde an jedem meiner freien Tage angerufen und zurück in den Dienst geholt.“ Die Zeitarbeit ermöglicht ihr ein selbstbestimmtes Arbeiten (das vollständige Interview mit Arnhild Tontsch finden Sie hier).

Zur Befragung: Die Arbeitnehmerkammer Bremen hat rund 12.700 Pflegefachkräfte befragt, davon waren mehr als 3.000 ausgestiegene Fachkräfte und rund 9.500 Teilzeit-Arbeitskräfte. Zu den vollständigen Ergebnissen der Umfrage geht es hier.  

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Titelbild: iStock.com/vejaa

Autorin

Sabine Stahl

Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.

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