Rettungskräfte erleben besonders häufig Übergriffe von PatientInnen oder Angehörigen.
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Neben tätlichen Übergriffen erlebt medizinisches Personal auch häufig sexuelle Belästigung oder Gewalt. Eine Befragung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) im Jahr 2022 ergab, dass 38 Prozent der Pflegekräfte in Krankenhäusern und Reha-Kliniken mindestens einmal pro Jahr auf sexuelle Weise körperlich belästigt wurden. 6,6 Prozent erlebten dies alle paar Monate.
Ihr Beruf ist es, anderen zu helfen. Aus diesem Grund ist es für die meisten Menschen völlig unverständlich, wie es zu solchen Übergriffen und Attacken auf medizinisches Personal kommen kann und wieso die Zahlen seit Jahren steigen. In der Silvesternacht in Berlin traf Alkohol auf das Gefühl, benachteiligt zu werden, also nicht schnell genug behandelt zu werden. Beides sind typische Gründe für Attacken auf medizinisches Personal und auch die Erklärung dafür, dass vor allem Rettungskräfte und Mitarbeitende von Notaufnahmen Opfer von Gewalt werden. Denn hier befinden sich die PatientInnen und ihre Angehörigen in Ausnahmesituationen und reagieren oft sehr emotional.
Bei einer Befragung durch das Deutsche Rote Kreuz unter Rettungskräften gab ein Fünftel der Befragten an, mindestens ein- bis zweimal pro Woche beleidigt oder beschimpft zu werden. 14 Prozent erlebten nach eigenen Angaben innerhalb eines Jahres körperliche Gewalt. In 75 Prozent der Fälle sind PatientInnen die TäterInnen. Oft sind sie alkoholisiert oder anderweitig berauscht, interpretieren die Hilfe der Fachkräfte falsch und wehren sich körperlich dagegen. „Die Ergebnisse sind erschreckend. Wir müssen leider feststellen, dass Beleidigungen, Beschimpfungen und auch körperliche Übergriffe mittlerweile zum Alltag im Rettungsdienst gehören“, sagt Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des DRK, zu den vom Roten Kreuz ermittelten Zahlen.
Mögliche Maßnahmen gegen die steigenden Übergriffe in medizinischen Einrichtungen sind beispielweise Deeskalationstrainings, Supervision und Fallbesprechungen. Das Thematisierungen innerhalb des Teams beziehungsweise mit den Betroffenen ist vor allem wichtig, um psychische Folgen für die Opfer zu minimieren.
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Sabine Stahl
Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.
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