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Wenn Menschen nach einem Gewaltverbrechen in eine Notaufnahme kommen, müssen sie anders behandeln werden als jemand, der sich einen Arm gebrochen hat. Zum einen brauchen sie eine einfühlsame Betreuung und psychologische Unterstützung, zum anderen sollten Spuren für die Rechtsmedizin gesichert werden, um den Täter anzeigen und vor Gericht überführen zu können. Oft sprechen die Betroffenen aus Scham oder Angst nicht über das, was ihnen geschehen ist. Manchmal werden sie sogar von den Tätern begleitet.
Zu einer forensischen Untersuchung gehören
Forensische Untersuchungen sind Teil der Facharztausbildung und Expertise von RechtsmedizinerInnen. In Fällen sexualisierter Gewalt arbeiten RechtsmedizinerInnen meist mit GynäkologInnen zusammen, die über die erforderliche Ausstattung verfügen, auch auf innere Verletzungen und Spuren zu untersuchen. Forensic Nurses kennen sich mit rechtlichen Aspekten aus und wissen, wie sie bei Verdacht auf Gewaltsituationen reagieren und mit wem sie kommunizieren müssen.
Außer in Notaufnahmen und Kliniken können Forensic Nurses auch in Frauenhäusern, Beratungsstellen für Gewaltopfer, Einrichtungen der forensischen Psychiatrie, in Gerichtsmedizinischen Institute, bei der Polizei und in der Kinder- und Jugendhilfe eingesetzt werden.
Pflegkräfte sind oft näher an den PatientInnen dran als ÄrztInnen und bekommen so mehr mit. Während sie Blutdruck messen, nach Vorerkrankungen fragen, oder Blut abnehmen sprechen sie mit den PatientInnen und ihren Angehörigen. Oft haben sie das richtige Gefühl, das irgendetwas nicht stimmt, auch wenn PatientInnen nicht offen darüber reden.
Besser wäre es jedoch, wenn sie diese intuitiven Eindrücke an sachlichen Argumenten festmachen könnten. Dafür müssen sie gezielt geschult werden, um zu erkennen, welche speziellen Merkmale von Verletzungen für Gewalteinwirkungen sprechen.
Auch in Großbritannien und Australien sind Forensic Nurses Teil des Gesundheitssystems. Ansonsten sind sie in Europa vor allem in der Schweiz zu finden – wo sie in großen Kliniken zum Personal gehören. Zudem gibt es diplomierte Forensic Nurses, die an rechtsmedizinischen Instituten arbeiten. In der Schweiz kann man Forensic Nursing zum Beispiel an der Universität Zürich oder der Fachhochschule Bern studieren. Voraussetzung ist, dass man bereits einen akademischen Abschluss in den Pflegewissenschaften oder bereits einiges an Berufserfahrung als Pflegefachkraft hat.
In Deutschland hat sich das Konzept dagegen bisher noch nicht durchgesetzt. An manchen Kliniken oder in Frauenhäusern wird das Personal zu forensischen Aspekten speziell geschult oder fortgebildet. Es gibt vereinzelt Modellprojekte oder Module mit forensischem Schwerpunkt, die in die Ausbildung oder das Studium der Pflegewissenschaft integriert werden.
Kritiker bemängeln den Umgang mit Gewaltopfern in deutschen Notaufnahmen. Ärzte und Ärztinnen hätten aufgrund der hohen Arbeitsbelastung meist nicht genügend Zeit, sich länger mit den Ursachen von Verletzungen zu beschäftigen. Zudem wüssten sie oft gar nicht, worauf sie genau achten müssen, weil sie in der Rechtsmedizin nie ausreichend geschult und als Medizinstudenten und -studentinnen für solche Aspekte nicht ausreichend sensibilisiert wurden.
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Amely Schneider
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