Immer mehr Menschen ohne Bindung zum Arbeitgeber
Auch Ärzten und Ärztinnen passiert es oft schleichend. Bei der Arbeit im Krankenhaus fühlen sie sich nicht mehr so motiviert wie früher, sie engagieren sich weniger, ziehen sich von Kollegen und Kolleginnen zurück. Manche verspüren weniger Mitgefühl für die Patienten und Patientinnen. Manchmal dauert es einige Zeit, bis sie selber merken, was los ist: Sie haben innerlich gekündigt.
So geht es nicht nur Ärzten und Ärztinnen, sondern offensichtlich vielen Menschen in Deutschland. Fast ein Fünftel der Beschäftigten verspürt „keine Bindung“ mehr zu ihrem Arbeitgeber. Das ist ein Prozentpunkt mehr als noch im Vorjahr und der höchste Wert in den vergangenen zehn Jahren, wie das Beratungsunternehmens Gallup berichtet. Gleichzeitig sei die allgemeine Bereitschaft den Arbeitgeber zu wechseln gestiegen.
Die Gründe für eine innere Kündigung sind unterschiedlich
Häufige Auslöser von innerer Kündigung bei Mitarbeitenden im Krankenhaus sind die allgemeinen Arbeitsbedingungen. Überlastung aufgrund von langen Arbeitszeiten, zunehmender bürokratischer Aufwand und ein hoher wirtschaftlicher Druck bringen jede Menge Erschöpfung mit sich. Manche MedizinerInnen frustriert dabei auch die Diskrepanz zwischen den eigenen Idealen und dem, was sie im Alltag davon umsetzen können. Zudem wirken sich mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder fehlende Perspektiven negativ auf die Einstellung zum Job aus.
Manchmal ist es auch ein bestimmtes Ereignis, dass das Fass zum Überlaufen bringt. Das Verhalten eines Vorgesetzten stellt sich als enttäuschend oder verletzend heraus. Aufgrund der empfundenen Kränkung ist man nicht mehr bereit, alles für den Beruf zu geben. Auch Konflikte und Mobbing im Team, die nicht gelöst werden, führen dazu, dass Mitarbeitende ihren Job ablehnen und auf Sparflamme schalten.
Weitere Hinweise darauf, dass jemand innerlich gekündigt hat, können sein:
- Empathie und Mitgefühl nehmen ab
- Gefühle der Sinnlosigkeit nehmen zu
- Gleichgültigkeit gegenüber Entwicklungen im Team und der Klinik
- Zynische Sprache
- Gefühl, während der Arbeitszeit in eine Rolle zu schlüpfen, neben sich zu stehen
- Psychosomatischen Beschwerden wie Schwindel, Schlafstörungen, chronische Erschöpfung und andere stressbedingte Erkrankungen. Burn-out, Depressionen, Sucht- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen können die Folge sein.
Was man tun kann, wenn man merkt, dass man innerlich gekündigt hat
Bleiben oder gehen? Das ist die große Frage, wenn einem bewusst wird, dass man innerlich bereits gekündigt hat. Hier ist es erst einmal wichtig, für sich selbst die Ursachen für die mangelnde Motivation herauszufinden. Dann lässt sich entscheiden: Gibt es die Möglichkeit im aktuellen Job etwas zu verändern – zum Beispiel intern den Arbeitsbereich zu wechseln? Oder möchte man einen Neuanfang woanders wagen?
Um das zu klären, kann es sinnvoll sein, sich folgende Fragen zu stellen:
- Was gefällt mir an meinem Job, was nicht (Pro-Contra-Liste)?
- Brauche ich andere Aufgaben?
- Will ich mehr Verantwortung übernehmen?
- Will ich mehr verdienen?
- Brauche ich ein anderes Arbeitszeitmodell?
- Kann ich mich noch mit den Werten meiner Klinik identifizieren?
- Passt mein Team noch zu mir? Passt mein/meine Vorgesetzte noch zu mir?
- Brauche ich mehr Life-Work-Balance?
- Brauche ich eine Auszeit?
- Warum habe ich diesen Beruf ursprünglich ergriffen? Was fehlt mir davon inzwischen?
Die Angst vor Veränderung kann Weiterentwicklung im Wege stehen
Einen gewohnten Job aufzugeben und etwas Neues zu wagen, erfordert Mut. Manchmal verbleiben Menschen lieber in einer Situation, die sie kennen – auch wenn sie ihnen nicht guttut. Ungewissheit lässt sie zögern: Wird es nach der Kündigung woanders wirklich besser sein? Werde ich mit den neuen Aufgaben zurechtkommen? Steht die Angst einer Veränderung zum Guten im Weg, kann es sich lohnen, sich Unterstützung bei einem Coach oder Psychotherapeuten zu holen.
Wertschätzung und Teamgeist: Was die Freude an der Arbeit fördert
Für Krankenhäuser sind unmotivierte Ärzte und Ärztinnen, die die Freude an ihrer Arbeit verloren haben, fatal. Die Qualität der Patientenversorgung kann sich verschlechtern, die Sorgfalt der Ärzte und Ärztinnen nachlassen. Dies kann im schlimmsten Fall zu Behandlungsfehlern führen. Zudem verursachen daraus resultierende Krankheitstage Kosten für Kliniken.
Die Motivationspsychologie hat sich damit beschäftigt, was Menschen brauchen, um Freude an der Arbeit zu haben. Geld spielt hier zwar auch eine Rolle, ist aber lange nicht der einzige Grund. Ebenso wichtige sind: Vertrauen, Kollegialität, höflicher Umgangston und authentische Vorgesetzte, die ebenfalls Freude an der Arbeit vermitteln. Mitarbeitende möchten sich im Team aufgehoben und anerkannt fühlen. Sind solche Aspekte erfüllt, sind sie nachweislich stresstoleranter sowie offener und positiver im Umgang mit anderen. Sie sind eher bereit, vorübergehende Unannehmlichkeiten und Frustrationen zu ertragen und haben eine offenere Haltung gegenüber Veränderungen am Arbeitsplatz.
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Was Krankenhäuser tun können, damit ihre Mitarbeitenden motiviert bleiben
Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Entlastung durch administrative Unterstützung und digitale Lösungen können helfen, den bürokratischen Aufwand zu reduzieren. Wichtig sind außerdem faire Arbeitszeitregelungen mit verlässlichen Pausen sowie angemessenere Vergütung.
Förderung der psychischen und körperlichen Gesundheit
Betriebliches Gesundheitsmanagement mit Sportangeboten und Gesundheitstagen sorgen nicht nur für mehr Widerstandskraft gegen Stress, sie stärken auch die Bindung der Mitarbeitende an ihr Unternehmen. Angebote zur Supervision und psychologischen Beratung sollten ausgebaut sowie eine Kultur gefördert werden, in der über Belastungen offen gesprochen werden kann.
Verhalten von Führungskräften verbessern
Oft liegen die Ursachen für unmotivierte Mitarbeitende an Schwächen von Führungskräften. Wenn Wertschätzung fehlt, die Mitarbeitenden nur wenig mitbestimmen können und Konflikte nicht gelöst werden, beeinträchtigt das die Stimmung im Team. Führungskräfte sollten regelmäßig Feedbackgespräche führen und Wertschätzung ausdrücken. Leider fehlt gerade im Krankenhaus oft die Ruhe und Zeit, Unstimmigkeiten zu erkennen und Routinen umzustellen.
Manchmal passiert es auch, dass einzelne unzufriedene Mitarbeitende andere im Team durch ihr destruktives Verhalten anstecken. Hier können externe MediatorInnen helfen, den Kernkonflikt im Team herauszukristallisieren und zum Besseren zu wenden.
Titelbild: iStock.com/Jacob Wackerhausen
Weitere Fragen
Was versteht man unter einer inneren Kündigung?
Unter einer innerlichen Kündigung versteht man, dass eine Person innerlich mit dem Job abgeschlossen hat, aber formal weiterarbeitet. Sie zeigt oft nur noch Dienst nach Vorschrift, ist unmotiviert und emotional nicht mehr verbunden.
Was tun, wenn man innerlich schon gekündigt hat?
Betroffene sollten das Gespräch mit einer Vertrauensperson, Vorgesetzten oder dem Betriebsrat suchen und das Mobbing dokumentieren. Bei anhaltenden Problemen kann externe Hilfe durch eine Beratungsstelle oder juristische Unterstützung sinnvoll sein.
Wie viel Prozent haben innerlich bereits gekündigt?
Laut dem Gallup Engagement Index 2023 haben 19 Prozent der Beschäftigten in Deutschland keine emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber.
