Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie

Sprechen und Hören im Fokus

Für Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie stehen die Stimme, die Sprachentwicklung, die Hörwahrnehmung und die Hörverarbeitung im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Doch wie wird man so ein Spezialist und wie viel verdient man? All das steht hier.

Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie: Ein erster Überblick

Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie arbeiten in einem medizinischen Spezialgebiet, das vielen gar nicht bekannt ist: Ursprünglich ein Teilbereich der HNO-Heilkunde, hat sich die Phoniatrie und Pädaudiologie erst ab etwa 1920 zu einem eigenständigen medizinischen Fachgebiet entwickelt. Aus dieser Zeit stammt auch die aktuelle Fachbezeichnung. Zwischenzeitlich wurden Phoniater und Pädaudiologen aber auch als Fachärzte für Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen bezeichnet. Seit 1992 besteht eine eigene fachärztliche Weiterbildung.

Im Mittelpunkt der Tätigkeit als Phoniater und Pädaudiologe stehen die Diagnose und Behandlung von Kommunikationsstörungen unterschiedlichster Ursache. Stimmstörungen, Sprachstörungen und Hörstörungen im Kindes- und Jugendalter nehmen dabei eine besondere Stellung ein. Phoniater und Pädaudiologen behandeln aber auch Erwachsene mit Störungen des Sprachausdrucks, des Sprechens oder des Schluckens.

Häufige Krankheitsbilder in der Phoniatrie und Pädaudiologie sind zum Beispiel:

  • Schallleitungsschwerhörigkeit
  • Schallempfindungsschwerhörigkeit
  • auditorische Synaptopathie und Neuropathie
  • physiologische und entwicklungsbedingte Sprachstörungen, psychogenes Stottern
  • Störungen der Sprachentwicklung
  • Stottern und Poltern
  • Aphasie bei Kindern
  • neurogene Sprech- und Sprachstörungen
  • Stimmverlust bei Kopf-Hals-Tumoren
  • auditive Wahrnehmungsstörungen (AVWS)
  • psychosomatische Funktionsstörungen der Stimme, des Sprechens, des Hörens und des Schluckens

Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie: Aufgaben und Arbeitsgebiete

Fachärztinnen und Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie arbeiten in zwei Teilbereichen, die beide eng miteinander verbunden sind. Die Phoniatrie beschäftigt sich mit Stimm- und Schluckstörungen sowie mit erworbenen Sprach- und Sprechstörungen. Die Pädaudiologie ist mit Hör-, Sprach- und Sprechstörungen im Kindesalter befasst. Das Fachgebiet umfasst unterschiedliche Methoden der pädagogischen, sprachheilpädagogischen und medizinischen Intervention.

Phoniater und Pädaudiologen arbeiten sowohl mit Kindern, die unter Hörstörungen und/oder Sprachentwicklungsverzögerungen leiden, als auch mit erwachsenen Patienten, die nach einem Unfall oder einer Erkrankung Sprach-, Sprech- oder Schluckstörungen aufweisen.

Diagnostik in der Phoniatrie und Pädaudiologie

Für Störungen des Hör-, Sprech- oder Schluckvermögens in der Kindheit kommen unterschiedliche Auslöser in Frage. Neben einer organisch bedingten Einschränkung des Schluckens oder des Hörvermögens leiden betroffene Kinder oft unter psychogenen Faktoren, die die Sprachentwicklung, den Redefluss oder den stimmlichen Ausdruck behindern. In manchen Fällen kommt es auch zu einem Laut- und Sprachverlust bei Kindern, die das Sprechen bereits problemlos erlernt haben (kindliche Aphasie, Dysarthrie).

Auch bei Erwachsenen, die Probleme mit dem Sprechen und/oder Schlucken haben, sind die zugrundeliegenden Auslöser sehr unterschiedlich: Neben Tumorerkrankungen im Kopf- und Halsbereich führen neuromuskuläre Erkrankungen häufig zu solchen Beschwerden. Ebenso sind Patienten und Patientinnen, die über längere Zeit künstlich beatmet werden mussten, meist von Schluckstörungen betroffen. Eine starke berufsbedingte Belastung der Stimme kann ebenfalls zu chronischen Stimmproblemen führen.

Fachärzten für Phoniatrie und Pädaudiologie stehen unterschiedliche diagnostische Verfahren zur Abklärung von Störungen des Hörvermögens und der Sprachentwicklung zur Verfügung. Ihre diagnostische Tätigkeit beginnt schon bei den Allerkleinsten: Sie führen das sogenannte Neugeborenen-Hörscreening durch, das ab dem 3. Tag nach der Geburt stattfindet und sorgen für eine Nachuntersuchung bei auffälligem Ergebnis.

Untersuchungen im Rahmen des Neugeborenen-Screenings und weitere diagnostische Möglichkeiten zur Untersuchung des Hörvermögens sind zum Beispiel:

  • die Tympanometrie (Überprüfung des Trommelfells)
  • die Hirnstammaudiometrie (BERA, brainstem evoked response audiometry – Hörschwellenmessung)
  • Hörtests mit Tönen und Sprache
  • Messung von transitorisch evozierten otoakustischen Emissionen (TEOAE) zur Beurteilung von Funktionsstörungen des Innenohrs
  • Messung von Distorsivprodukten otoakustischer Emissionen (DPOAE) zur Beurteilung von Hörverlusten

Diagnostische Methoden zur Beurteilung von Sprachentwicklungsverzögerungen und Srach- und Sprechstörungen bei Erwachsenen:

  • logopädische Sprachdiagnostik
  • Untersuchungen der Hörverarbeitung und Wahrnehmung
  • logopädische Sprachuntersuchung bei neurologischer Erkrankung
  • logopädische Untersuchung des Redeflusses
  • Diagnostische Methoden zur Untersuchung von Stimmstörungen:
  • Kehlkopfspiegelung
  • Stroboskopie
  • Ermittlung des Stimmumfanges
  • Stimmanalyse
  • Logopädische Stimmbeurteilung
  • Untersuchungen des Schluckens:
    • interdisziplinäre funktionelle endoskopische Evaluation des Schluckens
    • Kinematografie (interdisziplinäre radiologische Schluckuntersuchung)

Wo arbeiten Phoniater und Pädaudiologen

Fachärztinnen und Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie sind sowohl in eigener Praxis als auch an spezialisierten Abteilungen von Kliniken, in Ambulanzen oder in HNO-Zentren tätig. Die Tätigkeit im klinischen Bereich ermöglicht eine besonders intensive Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten aus dem kinderärztlichen, psychotherapeutischen, logopädischen, chirurgischen und onkologischen Fachbereich.

Niedergelassene Phoniater und Pädaudiologen arbeiten ebenfalls häufig interdisziplinär, eine Tätigkeit in Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft mit HNO-Fachärzten, Fachärzten für Kinderheilkunde oder Logopäden bietet sich daher an. Fachärztinnen und Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie sind auch an Reha-Kliniken als Spezialisten für das Wiedererlangen der Sprechfähigkeit nach operativen Eingriffen oder Langzeitbeatmung tätig. An Universitätskliniken arbeiten sie neben ihrer ärztlichen Tätigkeit auch in der Forschung und Lehre.

Facharzt Phoniatrie und Pädaudiologie: Weiterbildung

Voraussetzung für die Weiterbildung zur Fachärztin, zum Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie ist der erfolgreiche Abschluss eines Medizinstudiums. Die Weiterbildungszeit beträgt insgesamt 60 Monate, davon können bis zu zwölf Monate zum Kompetenzerwerb in anderen Fachgebieten absolviert werden.

Vom Aufbau her gliedert sich die Weiterbildung in übergreifende und in fachspezifische Inhalte. Zu den übergreifenden Inhalten zählen:

  • die Kenntnis wesentlicher Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
  • Indikationsstellung und wissenschaftlich begründete Gutachtenerstellung
  • Berufsbedingte Erkrankungen von Stimme, Sprechen, Schlucken und Gehör
  • Angehörigenberatung
  • Mitarbeit an der Erstellung von Hilfs- und Förderplänen
  • Notfälle: Diagnostik und Therapie akuter Störungen wie Stimmverlust, Schwindel, Schwerhörigkeit, Fremdkörperextraktion

Spezifische Inhalte der fachärztlichen Weiterbildung sind unter anderem:

  • organisch bedingte, funktionelle, neuromuskuläre und hormonelle Stimmstörungen
  • Stimmstörungen bei Dystonien
  • Stimmverlust bei Hals-Kopf-Tumoren
  • Elektromyographie und Elektroneuographie
  • Manualtherapie am Kehlkopf
  • Sprachentwicklungsstörungen inklusive Risikofaktoren und Komorbiditäten
  • Sprachentwicklungstests
  • Diagnostik der Grob- und Feinmotorik
  • Entwicklungs- und Intelligenztests
  • Neurogene Sprech- und Sprachstörungen
  • Physiologische und entwicklungsbedingte Redeunflüssigkeiten
  • Oropharyngeale, laryngeale und ösophageale Schluckstörungen
  • Schallleitungsschwerhörigkeiten, Schallempfindungsschwerhörigkeiten und kombinierte Schwerhörigkeiten bei Kindern
  • auditorische Synaptopathie/auditorische Neuropathie bei Kindern
  • auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei Kindern
  • apparative Versorgung mit Hörsystemen oder Cochlea-Implantat
  • Prävention und Rehabilitation
  • Psychosomatik

Spezialisierungs-, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten bietet unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V. (DGPP). Die wichtigsten Informationen dazu sowie fachspezifische Nachrichten und Leitlinien sind über ihre Website abrufbar.

Facharzt Phoniatrie und Pädaudiologie: Gehalt

Der Verdienst von Fachärztinnen und Fachärzten für Phoniatrie und Pädaudiologie orientiert sich im Angestelltenverhältnis am jeweils geltenden Tarifvertrag, der für alle Fachärzte eine einheitliche Entlohnung vorsieht. Bei Berufseinstieg kommen Assistenzärzte auf ein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt von 4600 Euro, eher geringe Unterschiede ergeben sich nach Bundesland und Trägereinrichtung. Das Gehalt erhöht sich durch entsprechende Zulagen, wenn Schicht- oder Wechseldienste übernommen werden.

Die Einkünfte niedergelassener Phoniater und Pädaudiologen lassen sich mit jenen von Fachärzten für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vergleichen. Diese erzielen in Deutschland durchschnittliche jährliche Reinerträge von 180.000 Euro und liegen damit im guten Mittelfeld der fachärztlichen Praxen. Das Bundesland, in dem man tätig ist und eventuelle Spezialisierungen führen aber auch hier zu Unterschieden im Einkommen.

Weitere Informationen sowie statistisches Material zur Einkommenssituation von Fachärzten und Fachärztinnen in Deutschland finden sich auch unter statista.de.

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Stand: Mai 2022