Kliniken müssen mehr OPs absagen

Erschienen im Tagesspiegel Background am 13. Januar 2024

Kurzfassung: „Pflegenotstand im OP-Saal“

  • Krise im OP-Saal: Ein zunehmender Mangel an spezialisierten OP-Pflegefachkräften zwingt deutsche Krankenhäuser immer häufiger, Operationen zu verschieben oder abzusagen. 
  • Steigende Nachfrage bei Leiharbeit: Die Not der Kliniken spiegelt sich deutlich in den Zahlen von Leiharbeitsfirmen wie doctari wider: Dort stiegen die Anfragen nach OP-Personal im Vergleich zum Vorjahr um 15 %, ihr Anteil an den Gesamtanfragen wuchs von 19 % auf fast 30 %.
  • Strukturelle Ursachen: Der Mangel hat tiefe Wurzeln, darunter eine jahrelang unzureichende Ausbildung nur nach Mindestbedarf, die hohe Spezialisierung des Berufs und eine hohe Abbruchquote aufgrund der harten Arbeitsbedingungen und des rauen Tons im OP-Saal.
  • Knapper Personal-Pool: Trotz der hohen Nachfrage wächst der Pool an verfügbaren OP-Fachkräften auch bei den Vermittlern nicht. Expertinnen wie Susanne Grube von doctari warnen, dass man qualifiziertes Personal nicht „aus den Rippen schneiden“ kann und prognostizieren eine weitere Verschärfung des Problems.
     

Der Artikel „Pflegenotstand im OP-Saal“des Tagesspiegel Background vom 13. Januar 2024 beleuchtet eine sich zuspitzende Krise in deutschen Krankenhäusern: Immer häufiger müssen Operationen verschoben oder komplett abgesagt werden, weil es an qualifiziertem OP-Pflegepersonal fehlt. Das führt zu enormen finanziellen Verlusten, die für die ohnehin wirtschaftlich angeschlagenen Kliniken sogar existenzbedrohend sein können, da jede Minute ‚Leerstand‘ im Operationssaal hohe Kosten verursacht. Die Anfragen von Krankenhäusern nach OP-Pflegepersonal sind im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent gestiegen. Doch auch die Leiharbeitsfirmen stoßen an ihre Grenzen. Susanne Grube, Leiterin der Pflegevermittlung bei doctari, stellt klar, dass der Pool an registrierten OP-Fachkräften nicht mit der Nachfrage mitwächst und man qualifiziertes Personal „auch nicht aus den Rippen schneiden“ kann.

Die Ursachen für den Mangel sind vielschichtig und tief verwurzelt. Ein Hauptgrund ist die bis 2021 nicht staatlich geregelte Ausbildung zur Operationstechnischen Assistenz (OTA), die von den Krankenhäusern selbst finanziert werden musste. Diese bildeten daher oft nur für den eigenen Mindestbedarf aus, was zu einem grundsätzlichen Defizit an Fachkräften führte. Hinzu kommen die anspruchsvollen Arbeitsbedingungen, ein rauer Umgangston und eine hohe psychische Belastung, die zu hohen Abbruchquoten führen. Auch die Sparmaßnahmen der letzten Jahre haben die Lage verschärft. Weil es immer weniger Personal gab, stiegen die Erwartungen an die Flexibilität jedes Einzelnen.

Das ist etwas, was vor allem die jüngere Generation nicht mehr akzeptiert. Während die Krankenhausgesellschaft (DKG) früher auf eine Begrenzung der teuren Leiharbeit drängte, wird diese nun zur Notlösung, um den teuren Ausfall von Operationen zu verhindern. Viele Kliniken können sich diesen Ausweg jedoch finanziell kaum noch leisten. Angesichts eines Staus von aufgeschobenen Operationen und der demografischen Entwicklung wird erwartet, dass sich der Pflegenotstand im OP-Saal in den kommenden Jahren nicht verringern, sondern weiter verschärfen wird.
 

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